Weihnachtsleuchten gegen den Haß

■ Berliner Medien rufen zu Lichterkette gegen Fremdenhaß auf/ Am ersten Weihnachtstag 18 Uhr in der City

Berlin. Weihnachten mal ganz anders: Nach dem im wahrsten Sinne des Wortes leuchtenden Vorbild von München, Lindau und Hamburg soll nun auch in Berlin mit einer Lichterkette ein öffentliches Zeichen für Toleranz, gegen Fremdenhaß und Rassismus gesetzt werden. Eine ganze Reihe von Berliner Medien wollen die Aktion unterstützen, die nach den bisherigen Absprachen zwischen den Redaktionen am 25. Dezember um 18 Uhr beginnen soll. Es gibt allerdings und zum Glück kein Organisationskomitee und keine Ansprachen. Das leuchtende Zeichen wird von den Menschen alleine gesetzt, jeder und jede ist für seine Kerze selbst verantwortlich.

Als Treffpunkt um 18 Uhr schlagen die Medien die berühmte Ost-West-Achse vor. Sie beginnt am Lustgarten, führt Unter den Linden durch das Brandenburger Tor, über die Straße des 17. Juni hinweg vorbei am Großen Stern zum Ernst-Reuter-Platz und läuft dann über den Kaiserdamm bis zur Heerstraße. Jeder Mann, jede Frau und jedes Kind, so ist die Idee, kommt mit einem Licht zu irgendeiner Stelle an dieser Strecke und bleibt dort bis etwa 18.30 Uhr. Weil Bischof Kruse von der Evangelischen Kirche den ersten Weihnachtsfeiertag für dieses Lichterfest vorgeschlagen hat, ist zu hoffen, daß die Kirchenglocken während dieser halben Stunde läuten werden. Unterstützt wird die Aktion auch von den Christlichen Ausländergemeinden.

Die abendliche Lichterkette soll der Höhepunkt eines leuchtenden Tages sein. Schon zuvor, am ganzen ersten Weihnachtstag, sollen Kerzen an die Fenster und vor die Häuser gestellt werden. Wer nicht selbst mitlaufen kann oder will, ergänzte eine Sprecherin des „Flüchtlingsrats“, läßt um 18 Uhr die Kerzen eben an den Fenstern weiterbrennen. In Hellersdorf sollen die Kerzen allerdings schon ab 0 Uhr brennen, war aus der BVV zu hören.

Nach dem bisherigen Stand wollen SFB, Tagesspiegel, Berliner Morgenpost, BZ, Berliner Kurier, taz, Neues Deutschland und Spandauer Volksblatt über die Aktion berichten und ihre Leser zum Mitmachen auffordern. Intern abgesprochen werden muß die Aktion noch beim RIAS und bei der Berliner Zeitung. Beide signalisierten aber Zustimmung. „Wir sind ein republikanisches Land“, kommentierte SFB-Fernsehdirektor Horst Schättle, „wir brauchen keine Leithammel. Wunderbar wäre es, wenn alle Berliner kommen würden, weil sie es selbst für wichtig halten und nicht weil sie einer ruft.“ Monika Zimmermann, Chefredakteurin der Neuen Zeit, will sich dieser Initiative nicht verschließen, gab aber zu bedenken, daß Berlin vielleicht eine wunderschöne und große Lichterdemonstration gar nicht verdient hätte. Zu tief sitzt ihr noch der Schock der Demonstration vom 8. November in den Knochen. Ähnliche Bedenken formulierte auch Programmdirektor Arno Müller vom RTL-Sender 104,6. Wenn alle Medien zu dieser Lichterkette aufrufen, werde aber auch RTL nicht fehlen.

Der Berliner Landesverband des DGB tagte gestern und besprach die nächsten betrieblichen Aktionen gegen Rassenhaß, Antisemitismus und Gewalt. Bis Redaktionsschluß war nicht zu erfahren, ob die Betriebsräte zu der Lichtkette aufrufen werden. „Verschärfte Unterstützung“ der Lichterkette versprach das „Büro für ungewöhnliche Maßnahmen“. Zu hoffen sei, daß die Berliner so clever wie die Hamburger seien und nach dem Kettenaktionsprinzip jeder einzelne zehn weitere potentielle Unterstützer gewinne. Auch bei politischen Gruppen kam der Vorschlag gut an. Gabriele Mittag vom neu gegründeten „Frauenaktionsbündnis gegen Rassismus“ fand die Idee ebenfalls „wunderbar“, hatte aber „ein bißchen Angst, daß die Beunruhigung nachläßt – nach dem Motto: Wir haben teilgenommen und uns und dem Ausland unsere guten Seiten gezeigt“. aku/usche