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■ Mit Leasing auf du und duSelige Branche

Berlin (taz) – Firmen krachen zusammen, ganze Branchen sehen sich vor dem Aus. Und die Bundesregierung zerbröselt angesichts des Haushaltsdebakels. Den Leasinggesellschaften aber geht es gut. So gut, daß das nicht gerade für blumige Worte berühmte Münchner Ifo-Institut sich zu der Frage versteigt: „Leasing in Deutschland: Eine Insel der Seligen?“ Und die Antwort ist ein eindeutiges Ja.

11 Prozent der Investitionen werden hierzulande inzwischen durch Leasing getätigt, fast jedes fünfte neuzugelassene Auto wird so finanziert. 1991 konnte der Bereich eine Zuwachsrate von 27 Prozent verbuchen. Kein Wunder, daß immer mehr Unternehmen hier ihr Glück und Geld suchen. In der 1962 aus Amerika importierten Branche sind inzwischen 1.500 Gesellschaften engagiert, von denen jede sechste mit mehr als einer Millionen Mark Kapital ausgestattet ist. 1991 konnten sie insgesamt 2,9 Millionen Verträge über insgesamt 160 Milliarden Mark abschließen.

Im verarbeitenden Gewerbe, aber auch in Hotels und Radiostationen, bei Mietwagenunternehmen, Ärzten und Rechtsanwälten stehen zunehmend geleaste Gegenstände. Zwar gehört dem Leasingnehmer am Ende der Vertragszeit das Objekt nicht. „Aber besonders in Bereichen, in denen die technische Entwicklung rasant ist, ist das für die Unternehmen oft von Vorteil“, so Klaus-Ulrich Keßler vom Forschungsinstitut Leasing an der Uni in Köln. Denn die Betriebe seien so gezwungen, moderne Geräte zu kaufen, sobald die Leasingfirma den alten Computer oder Kopierer wieder abgeholt hat. Und rechnungstechnisch haben die geleasten Gegenstände sowieso nach Ablauf des Vertrages ihren Wert zu einem erheblichen Teil eingebüßt. Nach den Erlassen des Bundesfinanzhofs aus den 70er Jahren sind nämlich beim Finanzierungsleasing nur Verträge zulässig, an deren Ende der geleaste Gegenstand 40 bis 90 Prozent seiner „betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer“ schon hinter sich hat.

Auch aus Kostensicht kommt eine Firma gelegentlich günstiger davon, wenn sie ein eine EDV-Anlage least anstatt durch einen Kredit finanziert. Weil die großen Leasingunternehmen große Mengen abnehmen können, bekommen sie häufig von den Herstellern günstige Rabatte. Und auch die Suche nach einem zahlungskräftigen Käufer fällt den ausschließlich damit beschäftigten Leasingunternehmen oft leichter als dem Bäcker, der einen Käufer für seine veraltete Knetmaschine finden will. Und schließlich gibt es natürlich auch hier, wie bei fast allem in Deutschland, Steuerargumente: für geleaste Gegenstände muß der Abnehmer weder Gewerbekapital- noch Ertragssteuern berappen. Annette Jensen

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