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Anfang vom Ende einer Partnerschaft?

■ Kreuzbergs Bürgermeister Strieder (SPD) sagt Besuch in Nicaragua ab/ Förderverein: „SPD zu feige, zu Partnerschaft mit Dritter Welt zu stehen“

Kreuzberg. Einst war sie der Kreuzberger SPD ein willkommenes Vorzeigeprojekt: Die vor sieben Jahren begründete Städtepartnerschaft mit der kleinen Gemeinde San Rafael del Sur im fernen Nicaragua bewahre den Bezirk vor einer „allzu bornierten Nabelschau“, befand der damalige Bezirksbürgermeister Günter König. Ein solches Engagement über den Tellerrand hinaus stehe gerade einem Bezirk wie Kreuzberg gut an. Seinem Nachfolger Peter Strieder, ebenfalls SPD, wird die ferne Partnerschaft jetzt jedoch lästig: Kurzerhand blies er in der vergangenen Woche den für April vereinbarten Besuch in der Partnergemeinde ab. Begründung des Bürgermeisters: Wo man allenthalben sparen müsse, sei die Notwendigkeit eines solchen „Mittelamerika-Trips“ den Bürgern zur Zeit „nicht vermittelbar“. Strieder zur taz: „Wo an den Schulen das Geld für Klassenfahrten nicht mehr da ist, heißt es dann doch gleich: Was hat ein Kreuzberger Politiker in Nicaragua zu suchen? – Das würde doch sofort als ,Vergnügungsreise‘ einiger ,Luxus-Politiker‘ abgestempelt werden.“

Dabei hatte Kreuzbergs neuer Bürgermeister noch Anfang Januar gegenüber dem Städtepartnerschaftsverein seinen Willen zu einem „Antrittsbesuch“ in der Partnergemeinde bekräftigt. Er freue sich darauf, San Rafael persönlich kennenzulernen. Und er wolle auch ein Zeichen setzen, indem er als erste der Kreuzberger Partnerstädte nicht einen Ort in Westdeutschland, sondern die Gemeinde in Nicaragua besucht.

Der Vorsitzende des Städtepartnerschaftsvereins, Dieter Radde, akzeptiert Strieders Kostenargument nicht. „Für die vierköpfige Delegation wären das zehntausend Mark aus dem Dienstreise-Etat – und den hat der Bezirk eh'.“ Vielmehr, so Radde, sei die SPD angesichts der allgemeinen Kürzungspolitik offenbar „einfach zu feige, zu dieser einzigen Städtepartnerschaft Kreuzbergs mit der Dritten Welt zu stehen. Und das ist der Anfang vom Ende der Partnerschaft insgesamt.“ Da den KreuzbergerInnen die Dienstreise ihres Bürgermeisters nicht vermittelbar sein soll, müssen nun die Menschen in San Rafael verstehen, daß man im neuen Deutschland zu viele andere Sorgen hat. Bert Hoffmann

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