: Duell der Storchenbeine
Michael Stich jammerte den Dänen Kenneth Carlsen nieder und erreichte, ebenso wie Steffi Graf, das Viertelfinale der Australian Open ■ Aus Melbourne Bernd Müllender
Das Wochenende brachte für die Cracks aus Germany die erwartete Bilanz: Alle sind ausgeschieden, bis auf Michael Stich, den spindeldürren Langweiler aus dem hohen Norden, und die immer gleiche, immer schnelle, immer ungeduldige Steffi Graf. Sie brauchte für zwei Begegnungen rekordverdächtig nur drei Sätze und drei Ballwechsel. Erst war am Samstag die Nürnbergerin Claudia Porwik ihr Opfer. 6:1 war die übliche Quote im ersten Satz, dann dehnte sich ein Porwikscher Muskel, und fertig war das Match. Gestern, im Wettstreit Fehlermassen (Graf) gegen Fehlerinflation (Magdalena Malejewa), hieß es zweimal 6:3, und Steffi Graf schaffte es mit computerhafter Präzision, eine Sekunde vor dem großen Regen fertigzuwerden. Dabei langweilt sie sich sogar schon selbst. Gerne würde sie mal so ein richtig aufregendes Fünfsatzmatch spielen, sagt sie, aber sie ist eben eine Stefanie und kein Stefan.
Vorbei ist das Turnier für Barbara Rittner, das große Talent ohne große Fortschritte, und für Meike Babel. Beide schlossen Australien 93 mit einer fast wehrlosen Niederlage gegen je eine der Malejewa-Schwestern ab.
Im Duell der Storchenbeine versuchte sich Michael Stich gegen den starken dänischen Youngster Kenneth Carlsen in der Becker- Ersatzrolle. Schimpfen, maulen und lamentieren als Folge fehlerreichen Spiels. 6:7 ging der erste Satz verloren, Stich, unsicher wie ein AKW, ließ die Schultern immer tiefer hängen und schüttelte den Kopf wie ein beleidigtes Kind, als seine Arme mal wieder nicht taten, was der Kopf sich ausgedacht. Wie beim Original-Becker halfen auch ihm der Regen, das Glück und der Schiedsrichter. Carlsen konnte sieben Breakchancen in einem Spiel des zweiten Satzes nicht nutzen, zweimal schaffte er es scheinbar, da griff der Stuhlreferee ein und korrigierte den Linienrichter. Mit Dach überm Kopf, nach einer halben Stunde Pause, fegte Stich den Dänen dann 6:4, 6:4 und bumbumbumhaft 6:0 mit pausenlosen Assen vom Platz.
Anke Huber hatte mit ihren Imitationsversuchen weniger Glück. Sie stöhn-grunzte im Achtelfinale gegen Arantxa Sanchez- Vicario fast so laut wie Monica Seles, spielte nur fehlerreicher. Vorteile im ersten Satz, aber 5:7. Als die Spanierin im zweiten einen Huber-Stoppball mit einem formidablen Lob beantwortete, der auch noch gut einen Meter vor der Auslinie auftropfte, resignierte Huber. 2:6 ging es ruckzuck, aber Anke Huber meinte, sie weine nicht mehr nach Niederlagen, trotzdem wolle sie jetzt schnell nach Hause und sich keine Känguruhs mehr angucken. Die schnellen Springer fand sie, wie niedlich, vergangene Woche („Da habe ich zum erstenmal in meinem Leben welche gesehen“) noch so inspirierend.
Achtelfinale: Steffi Graf (Brühl) - Magdalena Malejewa (Bulgarien) 6:3, 6:3; Arantxa Sanchez-Vicario (Spanien) - Anke Huber (Heidelberg) 7:5, 6:2; Gabriela Sabatini (Argentinien) - Nicole Provis (Australien) 7:5, 6:3
Achtelfinale: Michael Stich (Elmshorn) - Kenneth Carlsen (Dänemark) 6:7 (3:7), 6:4, 6:4, 6:0; Jim Courier (USA) - Sergi Bruguera (Spanien) 6:1, 6:3, 7:6 (7:5)
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