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Concert for Babylon Von Mathias Bröckers

Eine „neue Weltordnung“! Erinnert sich noch jemand daran? Vor zwei Jahren, als der Golfkrieg begann, war sie in aller Munde. Nun wäre es sicher zuviel verlangt, sie in nur zwei Jahren zu erwarten – mit den neuerlichen Bomben auf Bagdad indessen steht eher die schlechte alte Weltunordnung ins Haus. Als US-Präsident Bush vor einigen Monaten zu einer möglichen Militäraktion in Serbien befragt wurde, lehnte er ein solches Eingreifen mit der Begründung ab, daß jeder Krieg ein Kriegsziel haben müßte, und ein solches sei ihm auf dem Balkan nicht ersichtlich. Welches Kriegsziel aber hatte die erneute Militäraktion gegen den Irak? In den Äußerungen der Politiker und Kommentatoren der westlichen Medien findet sich zu dieser Frage immer dieselbe Wendung: Es war die „Antwort“ auf die „Provokationen und Sticheleien“ Saddams. Sind „Provokationen und Sticheleien“ ein Grund, Bombengeschwader in Marsch zu setzen? Wohl nur dann, wenn es sich um den Privatkrieg zweier alter Männer handeln würde. Tatsächlich mag die Auseinandersetzung Züge einer klassischen Patriarchenfeindschaft tragen – und sie haben sich ja auch aufs prächtigste gegenseitig hochgeschaukelt – dennoch kann die erneute Eskalation am Golf nicht allein mit einem Alt-Männer-Syndrom erklärt werden. Vielmehr scheint es, als ob sich George Bush mit dieser Aktion noch kurz vor Torschluß das Prädikat seines ruhmreichen Vorgängers Nixon verdienen wollte, den man den „tricky Dick“ nannte. Denn der trickreiche George hat mit dieser militärisch sinnlosen und nahostpolitisch schädlichen Aktion innenpolitisch einen großartigen Coup gelandet: Der Konfliktherd „Golfregion“ köchelt wieder, und sein Nachfolger, der MTV-Präsident Clinton, kann gar nicht anders, als gleich MPi bei Fuß zu stehen, um die alte Falken-Politik fortzusetzen. Innenpolitisch und aus der Sicht der abgewählten Republikaner hatte der scheinbar sinnlose Bombenangriff nicht nur eine zwingende Logik, auch das Timing stimmte perfekt: Provokationen Saddams gab es vor drei Wochen ebenso wie vor drei Monaten oder vor einem Jahr – doch ausgerechnet jetzt hat man reagiert. Bush hat sich mit den Bomben auf Bagdad einen starken Abgang verschafft, einen Frieden am Golf in weite Ferne gerückt und damit seinem Nachfolger eine gesalzene Hypothek aufgebrummt. Die neue Politik, der „Wechsel“, den Clinton ankündigte, wird so noch schwieriger zu realisieren sein als ohnehin – wer kann schon daran denken, etwa am Rüstungsetat zu knapsen, wenn akute Krisenherde militärische Präsenz und steten Bedarf an High-Tech-Waffen erfordern? Mit seinem Abgangs-Feuerwerk hat Bush dafür gesorgt, daß die Auftragsbücher nicht nur der „Tomahawk“-Hersteller auch in Zukunft gefüllt werden. Und daß die neue Generation im Weißen Haus, selbst wenn sie wirklich eine neue Weltordnung anstreben sollte, die zementierten Bahnen des alten Denkens so schnell nicht verlassen kann. Es wäre ja auch noch schöner, wenn Clinton gleich seine ganzen Woodstock- Musikanten nehmen und samt Saxophon auf Friedenstournee nach Bagdad gehen würde. Concert for Babylon? Da seien die Cruise Missiles vor!

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