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Israel darf Palästinenser deportieren

Langerwartete Entscheidung des Obersten Gerichts/ Deportation ist im Prinzip rechtens, in diesem Fall aber nicht ganz, und die Deportierten dürfen einzeln Einspruch erheben  ■ Aus Tel Aviv Amos Wollin

Das Oberste Gericht in Israel hat gestern früh seine Entscheidung zu 14 verschiedenen Berufungsverfahren gegen die Legalität der Deportation von 415 Palästinensern vom 17. Dezember 1992 bekanntgegeben. Alle Berufungsanträge werden abgelehnt. Die Gerichtsentscheidung enthält im wesentlichen drei Feststellungen: Deportation – somit auch Massendeportation – ist aufgrund der aus der britischen Mandatszeit stammenden Notstandsgesetze von 1945 grundsätzlich rechtmäßig; die generelle Deportationsanordnung ist ungültig, insofern sie eine Zeitbegrenzung enthält; die Gültigkeit der individuellen Deportationsbefehle hängt von der Eröffnung eines Berufungsverfahrens im Rahmen der Militärinstanzen ab.

Mit anderen Worten: die Deportierten bleiben deportiert, können jedoch persönlich vor israelischen Berufungsinstanzen mit Hilfe ihrer Rechtsvertreter individuellen Einspruch erheben. Wie das gehen soll, bleibt ein logistisch- politisches Problem, welches die israelischen Behörden auf verschiedene Weise lösen können. Die Frage ist, ob die Deportierten dieses nun mögliche „individuelle Berufungs-Arrangement“ an einem „vom israelischen Militär abgesicherten Ort“ akzeptieren, und damit auf ihre Forderung der Rückkehr aller Deportierten verzichten.

Die Angelegenheit ist von Dringlichkeit, da der UNO-Sicherheitsrat die Deportationsfrage am kommenden Montag erneut behandeln wird, wobei Israel eine schärfere Rüge und wahrscheinlich auch ein Ultimatum zu erwarten hat.

Eine der Anwälte der Deportierten, Frau Lea Tzemel, stellte nach dem Urteil fest, daß jetzt weitere Massendeportationen zu jeder Zeit möglich seien. „Was das Oberste Gericht den israelischen Behörden eigentlich sagt, ist: Massendeportationen sind auch nach den bestehenden britischen Verordnungen durchführbar, so daß gar keine Sonderverordnungen benötigt werden.“ Sie erklärte weiter, daß sie ihren Klienten nicht raten wird, von der Möglichkeit eines Einspruchs, wie er vom Obersten Gericht befürwortet wurde, Gebrauch zu machen.

Auch Palästinenserführer haben das Urteil bedauert. Die Sprecherin der palästinensischen Verhandlungsdelegation, Frau Hanan Aschrawi, sagte, jetzt sei nur auf einen Sanktionsbeschluß der Vereinten Nationen gegen Israel zu hoffen. Der Vorsitzende der Advokatenkammer in Gaza, Freih Medin, sieht als Ergebnis das definitive Ende des Friedensprozesses, weil jetzt keine Beteiligung der Palästinenser an den Verhandlungen mit Israel möglich sei. Der Ostjerusalemer palästinensische Journalist und Advokat Ziad Abu Zayad meinte andererseits, daß die Entscheidung der israelischen Regierung eine Reihe von Optionen offenließe, die eine Rückkehr der Deportierten und so die Fortführung des Friedensprozesses möglich machen. – In Israel wurde die Entscheidung sowohl von Regierung wie auch seitens der rechten Oppositionsparteien begrüßt. Aus Ministerpräsidenten Rabins Büro wird „Zufriedenheit“ gemeldet. Die Berater Rabins lehnen die Möglichkeit ab, daß Israel jetzt auch nur einen Teil der Deportierten in die besetzten Gebiete zurückläßt. Andererseits gibt das Berufungsverfahren den israelischen Sicherheitsbehörden die Möglichkeit der „Auswahl einzelner“.

Nach Ansicht des Experten für Terror in der Universität Tel Aviv, Professor Ariel Merari, ist ein solches „Sieb“ für Israel auch deshalb von Vorteil, weil es den Palästinsern gegenüber eine Taktik von „Zuckerbrot und Peitsche“ möglich macht.

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