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Jüdische Kulturkommission

■ Betr: taz v. 23.1.93

Eva Rhodes Artikel gibt Anlaß zu einigen Mißverständnissen über die jüdische Kultur in Bremen unter dem Faschismus.

1. Eva Rhode behauptet, mit der „Kommission für kulturelle Angelegenheiten“ habe „ein Zusammenschluß der jüdischen KünstlerInnen“ in Bremen existiert. Das ist falsch. Die Kommission war bereits Anfang der 20er Jahre unter dem Namen „Kommission für geistige Interessen“ als Arbeitsausschuß der Israelitischen Gemeinde gegründet worden. Anders als beim „Jüdischen Kulturbund“ als Selbsthilfeeinrichtung jüdischer KünstlerInnen sollten sich Gemeindemitglieder um die Förderung jüdischer Kultur kümmern. Im Rahmen der Kommission wurden Vorträge mit Referenten von außerhalb veranstaltet und Filme gezeigt. Arbeitsmöglichkeiten für die wenigen jüdischen KünstlerInnen in Bremen sind dadurch nicht entstanden.

2. Im Jüdischen Kulturbund war nur individuelle Mitgliedschaft möglich. Die Israelitische Gemeinde Bremen hätte unmöglich dem Kulturbund beitreten können. Insofern ist Eva Rhodes Hinweis auf den Ersten Vorsteher der Israelitischen Gemeinde, Max Markreich, mißverständlich, man wollte „mit dem Kulturbund zwar zusammenarbeiten, ihm aber nicht beitreten“. Das Argument der geringen Zahl der jüdischen KünstlerInnen, das Markreich als Beleg dafür anführt, daß der Kulturbund in Bremen nicht aktiv wurde, überzeugt nicht: Selbst in der Kleinstadt Küstrin hatte der Jüdische Kulturbund 24 Mitglieder. In Wahrheit scheint in Bremen eine gewisse Skepsis gegenüber der Berliner Kulturbund-Zentrale bestanden zu haben. Max Markreich spricht davon, die „Bremer Kommission für Kulturelle Angelegenheiten“ habe auf ihrer „volle(n) Handlungsfreiheit“ bestanden. Fest steht allerdings, daß im Rahmen der „Kommissions“-Aktivitäten vereinzelt Kulturbund-Künstler von außerhalb in Bremen auftraten, zum Beispiel am 2. Dezember 1934 Ludwig Hardt.

4. Bemerkenswert an den kulturellen Aktivitäten unter Bremens Juden — und davon berichtet Eva Rhode nicht — ist der starke Einfluß der Zionistischen Ortsgruppe. Vorträge und Filme über die jüdischen Siedlungen in Palästina nahmen bereits in den 20er Jahren breiten Raum ein und bestimmten weitgehend das kulturelle Profil jüdischer Kulturarbeit im Rahmen von Israelitischer Gemeinde und Kulturkommission.

Günther Beyer

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