Ein „Deal“ soll Sanktionen verhindern

Kurz vor der Sitzung des UN-Sicherheitsrates einigen sich Israel und die USA auf eine gemeinsame Haltung zu den Deportationen/ Palästinenser lehnen das Übereinkommen ab  ■ Aus Tel Aviv Amos Wollin

Israels Ministerpräsident Jitzhak Rabin und der neue US-Außenminister Warren Christopher haben sich auf eine gemeinsame Haltung in der Deportiertenfrage geeinigt – unmittelbar vor der Sitzung des UN-Sicherheitsrates, die am heutigen Mittwoch in New York stattfindet. Noch am Montag abend hatte die israelische Regierung beschlossen, daß ungefähr hundert von mehr als vierhundert deportierten Palästinensern nun die Erlaubnis erhalten sollen, aus ihrer Verbannung zurückzukehren. Die Dauer des Exils der anderen Deportierten soll auf ein Jahr reduziert werden.

Der Beschluß wurde mit der gleichen Einmütigkeit gefällt wie der ursprüngliche Deportationsentscheid im Dezember. Den Deportierten soll es weiterhin freistehen, individuell bei den militärischen Stellen gegen ihre Verbannung Berufung einzulegen, wie vom Obersten Gericht in der Vorwoche angeordnet. Schließlich erklärt sich Israel bereit, per Hubschrauber bei der humanitären Hilfe für die Deportierten im südlibanesischen Zeltlager mitzuwirken.

Nach der Regierungssitzung hatte Rabin erklärt, er sei weiterhin stolz auf seinen mutigen Deportationsbeschluß vom Dezember. Jetzt sei es jedoch wichtig, eine stabile Übereinkunft mit der neuen Clinton-Regierung zu erzielen und Israels Position in der internationalen Arena zu festigen. Ein intensiver Dialog mit Washington hätte zu dem package deal geführt: danach verpflichten sich die USA, antiisraelische Resolutionen mit operativem Charakter seitens internationaler Gremien – das heißt vor allem im UN- Sicherheitsrat – zu verhindern.

Washington hat auch zugesagt, die bilateralen israelisch-arabischen Nahostverhandlungen wieder in Gang zu bringen. Das bilaterale Abkommen mit Israel soll nicht nur für die gegenwärtige Krisensituation, sondern bis zum Abschluß der gesamten Deportationsaffäre Geltung haben – unabhängig davon, ob die arabische Seite die israelischen Konzessionen akzeptiert oder nicht, sagte Rabin.

In Jerusalem wird angenommen, daß Warren Christopher jetzt eine scharfe Verurteilung Israels im Sicherheitsrat verhindern wird. Amerikanische Diplomaten suchten mit Hilfe Ägyptens, Syriens und des Libanon – sowie durch ihren Einfluß auf die palästinensische Verhandlungsdelegation – die Wiederaufnahme der bi- und multilateralen Verhandlungen in Kürze doch noch möglich zu machen, heißt es. Mit Genugtuung wird vermerkt, daß Washington auch versprochen hat, Hamas auf die amerikanische Liste der weltweit operierenden Terrororganisationen zu setzen. Die im Libanon verbleibenden Deportierten sollen dazu gebracht werden, ihr Zeltlager zu verlassen und einstweilen in „dritten Ländern“ Unterkunft zu finden.

Die Sprecher der Palästinenser haben das israelisch-amerikanischen Übereinkommen abgelehnt und verlangen eine Lösung im Sinne der Resolution 799. „Wir sind in unseren Verhandlungen mit Israel ganz auf die Erfüllung der Resolution 242 angewiesen. Wenn sich Israel jetzt mit einem Manöver, das von Washington gestützt wird, auf sehr billige Weise aus der Affäre zieht und Resolution 799 ungestraft umgehen kann, wo sollen wir dann das Vertrauen hernehmen, mit solchen Partnern zu verhandeln?“ fragte am Dienstag ein führendes Mitglied der palästinensischen Verhandlungsdelegation aus dem Gazastreifen und fügte hinzu: „Allerdings müssen wir uns sicher jetzt auf mehr Druck von US-Diplomaten und arabischen Regierungen gefaßt machen.“

Der israelisch-amerikanische Deal wurde von den verbannten Palästinensern sofort abgelehnt: alle Männer müßten unverzüglich zurückgelassen werden, die Deportation müsse annulliert werden, und der Sicherheitsrat müsse auf einer Durchsetzung seiner Resolution 799 bestehen. Im Lager überläßt man zwar den einzelnen Deportierten die Entscheidung, wie man sich den israelischen Konzessionsvorschlägen gegenüber verhalten will, geht jedoch einstweilen davon aus, daß die Solidarität der Lagerinsassen aufrechterhalten werden kann: man will sich trotz der schwierigen Umstände und des voraussichtlich wachsenden Drucks auch seitens arabischer Regierungen nicht auseinandertreiben lassen.

Das „arabisch-jüdische Komitee gegen die Deportation“ hat bekanntgegeben, daß sein Protestzelt vor dem Ministerpräsidium in Jerusalem auch weiterhin bestehen bleibt. „Unsere Forderung nach Rückkehr aller Deportierten wird durch den Regierungsbeschluß nicht erfüllt, und deshalb wird unsere Aktion fortgesetzt. Für uns ist jede Deportation unannehmbar. Auch wenn hundert Personen zurückkommen sollten, bleiben noch immer mehr als dreihundert verbannt. Und der Deportationsbefehl, auf den Rabin so stolz ist, bleibt weiter bestehen“, erklärte ein Sprecher des Komitees.