: Urdrü's wahre Kolumne
■ Oh Herr, erhöre mein Fax
Urdrü's wahre Kolumne
Oh Herr, erhöre mein Fax!
Mit obszöner Dreistigkeit kalkulieren Fohlenweiden-Oberhirte Hasso Nauck und seine böhsen Onkelz und Tantenß auf ihrem Oberneulander Freizeitgelände mit ein, daß es der politischen Führung Unbehagen bereitet, Leute ihres Schlages mit Polizeigewalt abzuräumen — und das nur wegen ein paar Drogenkranker ohne Obdach. Mein Frollein Tochter (13) wirft nunmehr einen interessanten Lösungsvorschlag in die Debatte: „Man kann denen ja sagen, wenn sie nicht in zwei Tagen verschwunden sind, dürfense auf dem Platz im Wohnwagen bleiben, aber ihre Häuser werden für Obdachlose freigemacht, weil: Das brauchen die dann ja nicht mehr.“ Stelle anheim... (Übrigens steht zu befürchten, daß die Overniggelander in Sachen Drogencontainer letzten Endes Eigenbedarf anmelden: Auf ihrer Protestanzeige in der anderen Heimatzeitung finden sich jedenfalls bei den Unterzeichnern schon genügend Namen stadtbekannter TrinkerInnen.
Den Flüchtlingen bleibt auch nichts erspart: Selbst auf dem Wohnschiff „Hallvard“ im Hemelinger Allerhafen, wo sie sonst nicht einmal Besuch von Freunden empfangen dürfen, werden sie jetzt in selbstredend guter Absicht von deutschen Dichtern heimgesucht. Literarische Lichtgestalten wie Rolf Hochhuth, Monika Maron und Wolf „Ikarus“ Biermann beteiligen sich an einer bundesweiten „Lese-Nacht in Deutschland für Asylbewerber“, und in Bremen wird Günter Kunert ganz ohne Gage beweisen, was für ein netter Kerl er ist: Das wird die Menschen aus Sri Lanka, Palästina und Bosnien sicher mächtig freuen — hätte ja auch sein können, daß strafverschärfend Walter Kempowski oder Freya Klier vom eingemachten Wort-Kompott zu kosten geben.
Mit dem hochgeschätzten Bürgerschaftspräsidenten Dr.Dieter „König“ Klink an der Seite besuchte die respektable Bundesrita Süßmuth jetzt die Cornflakes- Fabrik von Kelloggs in Bremen. Verhandelt wurde unter anderem, ob auf Großpackungen der infantilen Frühstückskost künftig PolitikerInnen als Anziehpuppen zum Ausschneiden abgebildet werden. Nicht gelöstes Problem allerdings: Wie kann der Brechreiz kindlicher Sensibelchen erfolgreich bekämpft werden, wenn Verkehrsminister Günter Krause die Hosen runterlässt?
Immer unverschämter werden jene Telefongesellschaften in Übersee, die Pflegetips für Topfpflanzen, sexuelles Keuchen vom Tonband oder Nachrichten über die aktuelle Verdauung der New Kids on the block gebührenpflichtig ans Publikum bringen. Die staatliche Telefongesellschaft Israels nimmt jetzt Wünsche an den lieben Gott per Fax entgegen und deponiert diese dann per Boten an der Klagemauer. Als Herr Zebaoth ließe ich mir solche Krämerseligkeit nicht einen Tag lang ungestraft gefallen!
Frauchen und Hund an der Bushaltestelle Waller Ring. Die Töle wickelt sich mit der Leine dergestalt um Frauchens Beine, daß diese die Bodenhaftung verlieren. Vom Boden schimpft Frauchen inmitten geplatzter Joghurtbecher und Milchtüten aus der Einkaufstasche: „Das mußt du nicht, Karlo, das mußt du nicht.“ Karlo aber war der Fall erkennbar gleichgültig. Ganz unüberhörbar laut dachte er nur „Dein Problem“.
Ulrich Reineking-Drügemöller
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Wg. Eröffnung des Medienzentrums findet die KarneKraWalle-Stunksitzung des Kabaretts der Literarischen Gewalttätigkeiten nicht am heutigen Freitag, sondern am morgigen Samstag sowie am Sonntag um 2O h in der GaDeWe statt.Dies gilt auch für Abonnenten von Goethebund und Volksbühne!
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