: Debatte: Kultursparen - Katrin Rabus
■ Kein Wagenfeld, kein Fotoforum
I Debatte: Kultursparen - Katrin Rabus
Kein Wagenfeld, kein Fotoforum
Kulturpolitik in Zeiten der Knappheit: die taz fragt kulturprominente BremerInnen, wo sie sparen würden, wenn denn, auf welche Weise auch immer, Finanzsenator Krönings Sparbeschlüsse in der morgigen Senatssitzung durchkämen. Was ist unverzichtbar — was verschmerzbar in der Bremer Kulturlandschaft.
Als erste wagt sich Katrin Rabus an das heiße Eisen, Galeristin mit einer maßgebenden Galerie für zeitgenössische Kunst.
Katrin Rabus, GaleristinSabine Heddinga
Betr.: Ihre Anfrage: Wo kann man sparen — wenn man muß — bei der Kultur in Bremen?
Im Vergleich zu anderen Städten hat man in Bremen den Kulturbereich als öffentliche Aufgabe erst sehr spät als Verpflichtung gesehen, aus welchen Gründen auch immer. In absoluten Zahlen und im Vergleich zu anderen Städten ist der Kulturetat beschämend niedrig. Hinzu kommt, daß außer im musikalischen Bereich kaum nennenswerte private Mittel in diesen Sektor fließen, und auch hier wird nur das Konventionelle, schon Abgesicherte finanziert (z.B. bei den Meisterkonzerten) oder der Bereich der Popkultur, der aber mit weitergehenden kommerziellen Interessen verbunden ist.
Vor diesem Hintergrund ist es natürlich dringend erforderlich, zum Wohle Bremens den Kulturetat zu erhöhen, um Bewahren, Vermitteln und Fördern zu ermöglichen, wie es die Koalition auch löblich beabsichtigt hat.
Auch in der größten Not nicht sparen an Museen, Sprechtheater und Musik
Auch in der größten Notsituation darf an folgenden Institutionen nicht gespart werden, weil sie zu den wesentlichen Bereichen der öffentlichen Kultur zählen:
-Museen (Kunsthalle, Neues Museum Weserburg, Focke-Museum, Überseemuseum) — und zwar mit ausreichenden Finanzmitteln für Ausstellungen und Ankäufe
-Theater (vor allem Sprechtheater, Shakespeare-Company)
-Bibliotheken (aber zentral)
-Musikleben mit Orchester und geeigneten Räumen (hier sollte Radio Bremen stärker einbezogen werden)
Ohne die nötigen Mittel können diese Institutionen ihre Arbeit nicht erfüllen und wirken dann auch nicht mehr anregend in die vielen kleinen Aktivitäten dieser Stadt, die sich um diese Institutionen herum gebildet haben und sie gesellschaftlich mit ihren Interessen auch tragen.
Auf keinen Fall darf bei der Unterstützung zeitgenössischer Aktivitäten gespart werden (NMWB, DACAPO, Projektgruppe Neue Musik) aufgrund ihrer mangelnden Akzeptanz und ihres experimentellen Charakters haben sie es besonders schwer, anderweitig Geld aufzutreiben.
Nur wenn heute Kunst entsteht und vermittelt wird, haben wir etwas, woran die nachfolgenden Generationen uns erkennen können. Nur so bilden wir auch wieder Tradition.
Wenn in der allgemeinen Situation gespart werden muß, gibt es nur wenige Möglichkeiten:
1. Gespart werden kann bei der Dezentralisierung der Kulturstätten. Die Stadtmitte sollte auch Kulturzentrum sein, sie ist für alle erreichbar. Kulturtaxis nach den veranstaltungen wäre mein Vorschlag.
2. Gespart werden kann bei den Mitmach- Initiativen, auch in den Bürgerhäusern. Kostendeckende Beteiligung der Teilnehmer oder reiwillige Mitarbeit auf Gegenseitigkeit — warum sollte ein begeisterter Hobbymaler seine Kenntnisse nicht kostenlos weitergeben?
Bei zunehmend freier Zeit der Menschen gehört ihre künstlerische und handwerkliche Tätigkeit in ihre persöhnliche Verantwortung, auf keinen Fall ist sie eine Aufgabe öffentlicher Kulturförderung. Wenn sie aus gesellschaftlichen Gründen gefördert werden soll, gehört dies in das Arbeits- und Sozialressort.
3. kann man in Bremen sparen an dem, was es noch nicht gibt.
-ein funktionierendes Forum Langenstraße ist zur Zeit nicht zu bezahlen und sollte — wenn auch mit einem weinenden Auge - zu den Akten gelegt werden. Dafür sollte der Stadort Teerhof mit NMWB und GAK endlich konzentriert bespielt werden und die nötigen Mittel dazu von der Langenstraße genommen werden. Wenn dort genug Ausstellungen sind, gehen auch Besucher hin.
-Auch ein Wagenfeld-Museum sollten wir uns zur Zeit nicht leisten . Es könnte eine Abteilung des tüchtigen Focke-Museums werden, dessen interessante neue Ansätze in den bestehenden Strukturen finanziell gefördert werden sollten.
-Ob Oper immer opulent sein muß — ist eine Frage des Geschmacks und der künstlerischen Absicht — manchmal ist ein Charter-Jet nach Berlin billiger als eine Aufführung in Bremen. Small is beautyfull, aber da fühle ich mich nicht kompetent.
Dies zu Ihrer Kenntnis — wenn ich an meine Freunde aus der Kulturszene denke, mag ich nicht weitersparen — das verstehen Sie hoffentlich. Ihre Katrin Rabus
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