: Pressekrieg um Hermannsburg
■ Wer hat den schönsten Autoschlüssel, Ralf oder Luise
In der Planungsetage von Bildungssenator Henning Scherf sitzt ein kleiner, runder, schnauzbärtiger Mann namens Werner Alfke. Typ liebenswerter Chaot, dabei ein ausgesprochenes Schlitzohr, dazu mit allen PR-Wassern gewaschen. Das soll auch so sein, denn Alfke dient seinem langen Chef seit vielen Jahren als Pressesprecher. In Redaktionen und Behörden ist Werner bekannt wie ein bunter Hund. Nur eine stellte jüngst die Frage: „Wer ist Alfke?“
Die da so ehrlich fragte, heißt Barbara Schulte, ist die Pressesprecherin von Umweltsenator Ralf Fücks und lebt seit kurzem mit dem ihr nicht bekannten Kollegen von der Bildung in heftiger Fehde. Und das kam so.
Seit eineinhalb Wochen sammelt die Huchtinger Schule Hermannsburg Autoschlüssel, um bei einem norddeutschen Wettbewerb den Titel „Umweltfreundlichste Schule“ einzuheimsen. So eine Aktion will pressemäßig vermarktet werden. Dafür müssen wir Zeitungen berichten, und das geht am besten, wenn Promis auf ihr Auto verzichten und sich bei der Übergabe des Schlüssels fotographieren lassen. Doch wer? Der für Bildung oder und der für Umwelt?
Für so komplexe Probleme gibt es einen Arbeitskreis Öffentlichkeitsarbeit, in dem die Pressesprecher der Ressorts sich koordinieren sollen. Da aber Barbara Schulte den Werner Alfke nicht kennt, nehmen wir mal an, daß da nicht allzuviel koordiniert wird. Und also erfuhr Alfke erst aus den Senatsmitteilungen, daß Umweltsenator Ralf Fücks für zwei Wochen seine Autoschlüssel abgibt und aus diesem Anlaß gerne mit Bild in die Zeitung möchte.
Als nun Werner Alfke die Einladung zur Fücks-PR las, fiel er fast rückwärts vom Stuhl. Zwar hat sein Senator überhaupt kein Auto, aber das ist ja noch lange kein Grund, sich nicht beim Autoschlüsselübergeben für die Zeitung photographieren zu lassen. Wutentbrannt kündigte Alfke seine Mitarbeit im Arbeitskreis Öffentlichkeitsarbeit und zwar solange bis die KollegInnen sich an die verabredete Formel halten: Keiner sticht den anderen aus.
Übrigens: Eine Woche nach Fücks hat Alfke seinen Senator doch noch mit Bild für die Umweltfreundliche Schule werbend in die Zeitung gebracht. In Ermangelung eines eigenen Autoschlüssels, legte Scherf kurzerhand den Wagen seiner Frau Luise still. Doch damit nicht lange genug. Von der Fotoseuche angesteckt, war gestern nachmittag SPD-Fraktionschef Claus Dittbrenner am Roland-Center, um seinen Schlüssel abzugeben. Fragt sich nur, ob den vom Privat- oder Dienstwagen. Rosi Roland
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