: Gitarre so blau
■ Robben Ford spielte mit seinem Trio „The Blue Line“ im Modernes
„Ich wußte gar nicht, daß es soviel Gitarristen in Bremen gibt“ sagte der Gitarrist neben mir nach einem Blick in das gutgefüllte Modernes, und gleich darauf hingen seine Augen wieder an den Fingern des Gitarristen auf der Bühne. Es war erstaunlich, daß solch ein bescheidenes, unspektakuläres Konzert ohne Showeinlangen, aufwendige Lichteffekte oder Hits, die jeder aus dem Radio kennt, so gut besucht wurde.
Robben Ford und sein Trio konzentrierten sich ganz auf die Musik, und in gut anderthalb Stunden gab er fast durchgängig eine Vorstellung davon, wie jazzorientierter Blues heute auf der Gitarre gespielt werden kann. Bassist Roscoe Beck und Schlagzeuger Tom Brechtlein, mit denen Ford seit drei Jahren zusammenarbeitet, begleiteten ihn unaufdringlich und mit einer makellosen Sicherheit — sie hielten sie sich zurück und überließen Ford die Bühne. Mit einer faszinierenden Spieltechnik, die aber nie wie bei vielen anderen Gitarristen in virtuosem Leerlauf ausartete, interpretierte Ford Bluesstandards, Jazzrockkompositionen, einen Song von Leonard Cohen und eine alte Nummer von Ella Fitzgerald. Seine Stimme ist vielleicht ein wenig zu glatt für den Blues, und seine Eigenkompositionen sind nur Variationen der bekannten Bluesformeln, aber seine Gitarre klang bei jedem Chorus anders. Ohne Anstrengung, fast beiläufig spielte er atemberaubend schnelle Läufe, wechselte von einem Beat auf den anderen die Klangfarbe, ließ sein Instrument singen, klagen oder schreien und spielte auch mit einer gerissenen Saite ganz trocken und ohne einen falschen Ton sein Solo zuende. Und jeder Song hatte diese lockere, easy going Grundstimmung, die so nur von der amerikanischen Westcoast kommen kann. Es war ein rundherum gelungener Auftritt — auch für die jenigen, die gekommen waren, obwohl sie keine Gitarristen waren. Vielleicht konnten sie den Abend sogar ungestörter genießen, denn in so manchem Gitarristenherzen muß ein klein wenig Neid genagt haben.
Willy Taub
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen