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Entführt im Namen der Umwelt

■ Premiere von Cat's-Paw von William Mastrosimone im English Theatre Hamburg / Das Thema Umweltterrorismus verliert durch zuviel Boulevardgeist leider an Schärfe

von William Mastrosimone im English Theatre Hamburg

Das Thema Umweltterrorismus verliert durch zuviel Boulevardgeist leider an Schärfe

Die Garage eines Lagerhauses hält als Entführer-Versteck und Unterschlupf für eine Terror-Organisation her. Das Entführungs-Opfer, das hier seit fünf Wochen festgehalten wird, ist ein Beamter des US-Umweltamtes (EPA). Eine Fernseh-Journalistin hat nun die Möglichkeit erhalten, an Ort und Stelle mit dem Terroristenführer Victor ein Interview abzuhalten.

Vor diesem Hintergrund entsteht die Handlung des Bühnenstückes Cat's Paw, das am Donnerstag abend im English Theatre Premiere hatte. Das Stück stammt aus der Feder des amerikanischen Autors William Mastrosimone und versucht sich gleich an fast allen brisanten Themen, die den Menschen des Medienzeitalters beschäftigen könnten: Terrorismus und Moral, Geiselnahme und Menschenwürde, Umweltverschmutzung und (fehlende) Politikerskrupel, Reality-TV und seine Macher.

In der dazugehörigen Handlung benutzt der Terroristenführer (Christopher Chappell) die karrierefreudige Journalistin Jessica Lyons (Stephanie Bretherton), um die Öffentlichkeit — in die er sonst eher Bomben wirft — von der Notwendigkeit seiner Sache zu überzeugen. Seine Sache: Das ist der Schutz der immer bedrohteren Umwelt, den er mit seiner Organisation People's Guard zu betreiben versucht — längst nicht mehr nach Greenpeace-Manier.

Was Victor nicht bedacht hat (aber sich durchaus hätte denken können), ist die journalistische Mentalität seines Gegenübers: Jessica Lyons ist weit davon entfernt, ihn einfach seine Ideen äußern zu lassen.

So weit, so gut. Bis hierher geht es in Cat's Paw noch um die Schwierigkeit einer Doppelsicht, die auch der Titel ausdrückt. Der nämlich bedeutet übersetzt, daß einer für einen anderen zum Handlanger wird.

Aus solchem Stoff ließe sich etwas machen. Dafür stehen auch solche Stellen ein, in denen Victor und die Journalistin sich ungewollt und auf beinahe wieder lachhafte Weise in Formulierungsstreitigkeiten verstricken, beispielsweise darüber, ob denn Victor nun ein „Terrorist“ oder etwa doch ein „Stadtguerilla“ sei.

Aber Mastrosimone, sich wahrscheinlich der Fernsehkonkurrenz für ein Theaterstück bewußt, wollte mehr — und das konnte für ihn nur „Action“ heißen. Victor holt also die Geisel (Douglas W. Iles) auf die Bühne und setzt sie allerübelstem Psychoterror aus. Damit nicht genug, entlarvt die Journalistin schließlich Victor als Falschspieler gegen seine eigenen Leute — was denn auch prompt zu einem blutigen Drama in den eigenen Reihen führt. Da können die Schauspieler unter der Regie von Clifford Dean sich noch so große Mühe geben: Das Stück kommt damit über das Niveau eines billigen Fernsehkrimis leider kaum hinaus. Dorothea Schüler

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