„Islamische Kriegsfront in den USA“

■ Die US-Polizei verhaftete zwei Araber im Zusammenhang mit dem Anschlag auf das New Yorker World Trade Center

New York (wps/taz) – Endlich haben auch die USA ihren Terroristen. Er heißt Mohammed Salameh, ist 26 Jahre alt und „sieht nicht aus wie ein Fanatiker“. Die Bemerkung stammt von einer Nachbarin in der Kensington Avenue in Jersey City, wo Salameh am Donnerstag von FBI-Agenten verhaftet wurde – als Hauptverdächtiger im mutmaßlichen Bombenanschlag auf das World Trade Center in New York am vergangenen Freitag, bei dem fünf Menschen ums Leben kamen.

Die Spekulationen dürfen nun ins Kraut schießen, und sie schießen in Richtung Nahost: Der Festgenommene trägt denselben Familiennamen wie der Führer der palästinensischen Terrorgruppe „Schwarzer September“, die bei der Olympiade in München 1972 elf israelische Sportler gekidnappt und ermordet haben soll. „Alle Salamehs kommen aus derselben Gegend und sind miteinander verwandt“, sagt David Halevy, der in den USA als PLO-Experte gilt. Weiter hat der Festgenommene auf seinem Führerschein, mit dem er einen bei der Bombenexplosion zerfetzten Lieferwagen gemietet hatte, dieselbe Adresse stehen wie El Sayyid Nosair, der Angeklagte bei der Ermordung des rechtsradikalen israelischen Rabbis Mehir Kahane in den USA 1990 – 4c, 57 Prospect Avenue South West, Brooklyn. Nosair wurde zwar freigesprochen, aber auch hier sind US-Behörden eifrig dabei, Verbindungen zu knüpfen.

Der Festgenommene ist nach einigen Berichten Jordanier, nach anderen Ägypter; Muslim ist er sowieso, und da geht es erst richtig los. Er lebt in einem Wohnhaus voller ägyptischer Taxifahrer. Er betet, sagt die Polizei, in der kleinen El-Salam-Moschee im dritten Stock eines Gebäudes auf der Haupteinkaufsstraße von Jersey City – und da predigt, Zufall oder keiner, Scheich Omar Abdel-Rahman. Dieser sehr alte, blinde Prediger wurde jetzt von Ägyptens Präsident Hosni Mubarak als „Imitator Khomeinis“ bezeichnet; er gilt als geistiges Oberhaupt der militanten Islamisten Ägyptens (siehe Portrait Seite 11).

Fährtensuche nach Ägypten

Für die US-Presse ist die Verknüpfung des New Yorker Terroranschlags mit dem Kampf zwischen Regierung und Islamisten in Ägypten eine verlockende Fährte. „Die Frage stellt sich, ob militante Muslime, die im Nahen Osten seit der Ermordung Sadats vor über einem Jahrzehnt Chaos bereiten, in den Vereinigten Staaten eine neue Kriegsfront eröffnet haben“, schreibt die Los Angeles Times und erklärt ihre „Besorgnis“, daß die New Yorker Bombe eine Stunde vor einem Bombenanschlag auf ein Café im Zentrum der ägyptischen Hauptstadt Kairo explodierte, bei dem mehrere Touristen getötet wurden.

Immer neue Querverbindungen werden gesucht und auch gefunden. Auch Kahane-Mordverdächtiger Nosair betete in Abdel-Rahmans Moschee. Und am Donnerstag wurde noch ein Verdächtiger im Zusammenhang mit dem New Yorker Bombenanschlag verhaftet: Nosairs Bruder, der 42jährige Ibrahim Elgabrowny.

Elgabrowny wurde festgenommen, weil er bei der Durchsuchung seiner Wohnung einen Beamten geschlagen haben soll. Die Anklage gegen Salameh lautet auf „den Gebrauch eines Feuers oder einer Bombe, um ein Handelsgebäude zu beschädigen“. In seiner Wohnung sollen Gerätschaften und Schriften gefunden sein, die ihn als „Bombenbauer“ ausweisen, so ein FBI-Experte. Der New Yorker FBI-Direktor James Fox erklärte dazu, ein detektivisch ausgebildeter Polizeihund habe beim Beschnüffeln von Salamehs Klo „positiv reagiert“.

Die El-Salam-Moschee hat Verbindungen mit Salameh dementiert. Arabische Gruppen in den USA sind derweil höchst besorgt. Während des Golfkrieges sei die Zahl der hate crimes gegen US- amerikanische Araber um 300 Prozent angestiegen, erklärte Albert Mokhaiber, Präsident des Amerikanisch-Arabischen Antidiskriminierungskomitees: „Wir fürchten jetzt eine ähnliche Reaktion.“ D.J.