: Verfolgt von den Nazis und der BRD-Justiz
■ Antifaschist Gerhard Bögelein starb im Alter von 67 Jahren in Hamburg / In der Untersuchungshaft war er schwer erkrankt
starb im Alter von 67 Jahren in Hamburg/In der Untersuchungshaft war er schwer erkrankt
å Gerhard Bögelein ist tot. Der 67jährige Antifaschist starb an den Folgen seiner schweren Krankheit, die er sich nach Angaben von Freunden während der zweijährigen Untersuchungshaft in Hamburg zugezogen hat. Erst im Dezember 1992 gewährte ihm das Landgericht Haftverschonung, nachdem das Gericht im Mai zuvor Bögelein wegen Mordes an dem Nazirichter Erich Kallmerten zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt hatte.
Der „Fall Bögelein“ sorgte für Aufsehen. Bögelein war zum ersten Mal als 19jähriger Soldat mit der Militärjustiz in Konflikt geraten, als er sich weigerte, an der Erschießung von Juden und Zivilisten teilzunehmen. 1944 desertierte er aus der deuschen Wehrmacht und kämpfte später in der Roten Armee gegen den Hitler-Faschismus.
Aufgrund seiner Sprachkenntnisse heuerte ihn die Rote Armee später an, um in Kriegsgefangenenlagern an der Überführung von Kriegsverbrechern zu helfen. In diesem Zusammenhang verhörte er Erich Kallmerten, der ein Geständnis ablegte, als Militärrichter der Kurlandarmee 178 Todesurteile ausgesprochen zu haben.
Kallmerten wurde 1947 im Kriegsgefangenenlager Klaipeda von Unbekannten erschlagen. Die deutsche Justiz versuchte von Anfang an, Bögelein die Tat anzuhängen. Die Ermittlungen führte damals Kurt Steckel, der selbst Richter am Volksgerichthof gewesen und erfolgreich mit weißer Weste aus dem Entnazifizierungsverfahren gekommen war.
Mehrfach beantragte die deutsche Justiz — vergeblich — die Auslieferung Bögeleins aus der DDR. Aber die Ankläger ließen nicht locker. Unmittelbar nach dem Mauerfall ließen sie den 64jährigen im Osten verhaften und machten ihm 1992 an der Elbe den Prozeß. Das Landgericht stützte sein Urteil in dem Indizienverfahren fast ausschließlich auf Steckels Ermittlungsakten. Kai von Appen
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen