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Neue Verfassung stärkt Plebiszite

■ Grüne in Niedersachsen sind dennoch unzufrieden

Hannover (taz) – Mit einer Aktion von 27 Parlamentarierinnen hat gestern im niedersächsischen Landtag die Debatte über eine neue Landesverfassung begonnen, die demnächst die alte „vorläufige niedersächsische Verfassung“ aus dem Jahre 1951 ablösen soll. „Frauenrechte in die Verfassung“, forderten von ihren männlichen Kollegen die Frauen aus allen Landtagsfraktionen, wobei jede Parlamentarierin einen Buchstaben der Forderung zeigte und die Grüne-Frauenministerin Waltraud Schoppe über ihren Köpfen die lila Fahne schwenkte. Allein in den Reihen der Landtags-CDU gab es für diese Aktion keinen Beifall, und für den Landtagsvizepräsidenten Ernst-Henning Jahn (CDU) war das Ganze gar „die erste und die letzte Polonaise, die wir in diesem Hause erlauben“.

Nicht nur die Frauen haben sich mehr versprochen von dem Verfassungsentwurf, über den gestern zum ersten Mal im Landtagsplenum debattiert wurde. Als einziges westliches Bundesland hat nur Niedersachsen bis heute eine „vorläufige Verfassung“, die genauso wie auf Bundesebene das Grundgesetz nur für eine Übergangszeit bis zur deutschen Einigung gelten sollte. In die neue Verfassung hatten SPD und Grüne ähnlich wie auf Bundesebene ursprünglich einen umfangreichen Grundrechtskatalog aufnehmen wollen, der etwa die Rechte von Minderheiten, von Kindern und den Datenschutz garantieren sollte. Das Land Niedersachsen sollte ursprünglich etwa auf „Friedensstaatlichkeit verpflichtet“ werden und darauf, „eine menschenwürdige Wohnung“ und „eine frei gewählte Arbeit“ für jedermann anzustreben. Anders jedoch als etwa im östlichen Nachbarland Sachsen-Anhalt hat die niedersächsische CDU die Aufnahme eines Grundrechts- und Staatszielkatalogs in die Verfassung von vornherein verhindert. Die christdemokratische Sperrminorität im Verfassungsausschuß wollte am liebsten lediglich das Wort „vorläufig“ aus der alten Verfassung streichen.

„Wir sprangen als Tiger und landeten als Bettvorleger“, faßte die grüne Fraktionsvorsitzende Thea Dückert gestern im Landtagsplenum die niedersächsische Verfassungsdiskussion zusammen. Die neue Verfassung nannte sie „besser als die alte, aber nicht gut“. Der Entwurf soll das Land künftig auf den „Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen“ verpflichten, er garantiert erstmals ein „Recht auf Bildung“ und die „Errichtung von Schulen in freier Trägerschaft“. Das passive Wahlrecht sollen die Niedersachsen künftig schon mit achtzehn Jahren erhalten. Die Wahlperiode des Landtages wird um ein Jahr auf fünf Jahre verlängert, und die Rechte von Untersuchungsausschüssen werden gestärkt. Auch Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid sollen mit der neuen Verfassung in Niedersachsen eingeführt werden. Doch die Quoten dafür werden in Niedersachsen höher liegen als in Bayern, wo diese „plebiszitären Elemente“ seit jeher in der Landesverfassung enthalten sind. 70.000 Wahlberechtigte sollen in Niedersachsen durch ihre Unterschrift per Volksinitiative etwas auf die Tagesordnung des Landtages setzen können. Zehn Prozent der Wahlberechtigten müssen per Unterschrift einen als Volksbegehren einzubringenden Gesetzentwurf unterstützen. ü.o.

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