piwik no script img

Hausbesetzung dauerte nur 14 Stunden

■ NachbarInnen wollten Tiefgarage im Viertel verhindern: „Wohnraum statt Parkplätze“

In der Nacht zum Donnerstag gegen Mitternacht hatte die Hausbesetzung in der Sophienstraße 8-12 begonnen. Nach nur 14 Stunden beendete ein Polizeieinsatz gestern um 14 Uhr die Aktion. Die 25 HausbesetzerInnen waren gerade vor dem Haus, als die Beamten von hinten die Gebäude stürmten. Die Firma BrePark war zur Räumung gleich mit Bagger angerückt. Sie ist Bauherrin eines hier geplanten Tiefgaragen-Projektes, für das bislang noch keine Baugenehmigung vorliegt. Die umstrittenen Liegenschaften sind Eigentum der Stadt.

Die Beteiligten hatten mit der Hausbesetzung eine „exemplarische Sauerei“ verhindern wollen: den Bau einer Tiefgarage mit ebenerdigem Parkplatz zwischen Sophien- und Lübecker Straße. 90 Autos sollen dort Obdach finden. Zum Ausgleich für die Stellplätze, die durch die Verkehrsberuhigung des Ostertorsteinweges wegfallen werden. „Ein Zugeständnis an die Ladenbesitzer“, gibt ein Mitarbeiter des städtischen Planungsamtes zu — nur wenige der Abstellplätze sind für AnwohnerInnen vorgesehen.

Die HausbesetzerInnen, größtenteils NachbarInnen des angrenzenden Grundstücks, fordern dagegen Wohnraum statt Parkplätze. Für sie ist das Projekt eine Fortführung der beton- und auto- orientierten Stadtplanung von anno dazumal: Denn die ersten Grundstücke des Areals waren schon vor Jahren für die nie realisierte St. Pauli-Trasse von der Stadt gekauft und geräumt worden.

Die ProtestlerInnen sahen in der Besetzung die letzte Möglichkeit, einen Abriß der keineswegs baufälligen Häuser in ihrer Nachbarschaft zu verhindern. Zum 1. April waren die letzten Mietverträge ausgelaufen. Auch der Bauausschuß im Ortsamt Mitte hatte dem Vorhaben am Mittwoch zugestimmt, allerdings betont, daß mit einem Abriß der Häuser nicht vor Erteilung der Baugenehmigung zu rechnen sei. Die Abrißgenehmigung liegt allerdings schon seit Juli letzen Jahres vor.

Doch in einem Brief, den die BesetzerInnen schon gestern vormittag hatten von der Bremischen Gesellschaft für Stadterneuerung erhielten, wurde der Abriß für Freitag angekündigt. Gleichzeitig hatte die Bremische ihnen den Strafantrag mitgeteilt, den die Polizei wenige Stunden später prompt umsetzte.

„Ich lasse mir nicht die Fresse vollhauen“, sagte einer der Besetzer während der Räumung, der kein Widerstand entgegengesetzt wurde.

Jetzt geht es den BesetzerInnen nicht mehr so sehr um Schaffung von Wohnraum oder ein Kinderhaus in den leerstehenden Häusern, als vielmehr um die Rettung ihrer eigenen vier Wände: Sie fürchten, daß die Abrißbirne ihr direkt angrenzendes Haus beschädigt. Auch die BewohnerInnen von Wohn- und Bauwagen auf dem Areal sehen dem Abriß mit Sorge entgegen. Sie leben seit drei Jahren dort und sind von der Stadt bis Mai geduldet. Noch ist ihnen nicht mitgeteilt worden, daß sie den Platz räumen müssen. sr

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen