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Arme SPD

■ Parteiorganisation muß drastisch sparen / Für Plakat-Wahlkämpfe kein Geld mehr

Beim Apparat der SPD-Landesorganisation in Bremen regiert der Sparstift. Die Stelle des Landesgeschäftsführers soll nicht wieder besetzt werden — der bisherige Mann, Henrik Marckhoff, arbeitet seit dem 1. April (wieder) im Rathaus. „Für ein halbes Jahr“ sei die Stelle vorerst auf Eis gelegt, sagt der sozialdemokratische Landesschatzmeister Rainer Erling, aber daß sie danach besetzt werden könnte, sieht er nicht. Ohne Geschäftsführer bleiben 8,5 Stellen, und da muß „noch mehr an der Personalschraube gedreht werden“. Erling muß mittelfristig eine weitere Stelle abbauen.

Denn was die Bundespräsidenten-Kommission zur Reform der Parteienfinanzierung vorgeschlagen hat, geht bei den Parteien ans Eingemachte. Während bisher nach einer Wahl die Parteien entsprechend ihrem Prozentsatz 5 Mark pro stimmberechtigtem Wahlbürger bekamen — also auch für die Nichtwähler kassieren konnten — soll in Zukunft nur noch für die Wählerstimmen Wahlkampfkostenerstattung gezahlt werden, und die soll auf ca. 1,10 Mark pro Stimme gesenkt werden. Nach dem Wahlergebnis bei der letzten Bürgerschaftswahl von 1991 hatte die Bremer SPD Anspruch auf rund 800.000 Mark Wahlkampfkostenerstattung, nach der neuen Regelung bekäme sie gerade noch 128.700 Mark. „Solche Wede-Nölle-Wahlkämpfe sind dann nicht mehr machbar“, sagt Schatzmeister Ehrling, „das ist grundsätzlich begrüßenswert“.

Die Bundespräsidenten-Kommission will aber auch der üblichen Parteienfinanzierung als Leder: MandatsträgerInnen sollen nur noch bis zu 2.000 Mark jährlich als „Spende“ von der Steuer absetzen können. Nicht nur bei den Grünen, auch bei der SPD ist es üblich, daß von Diäten und auch von Aufsichtsrats-Mandaten weit mehr abgeführt wird. Aber, so schätzen Kenner der parteiinternen Moral: über den steuerabzugsfähigen Satz hinaus wird es kaum Spenden geben. Daß MandatsträgerInnen von Aufsichtsrats-Tantiemen 30 Prozent an die Parteikasse abführen müssen, wie es derzeit noch in der Satzung der Bremer SPD steht, soll schlicht verboten werden, findet die Weizsäcker-Kommission: Das Stichwort lautet „verdeckte Parteienfinanzierung“. Rund 400.000 Mark kassiert die SPD jährlich an „Sonderabgaben“; „nur so ist Parteiarbeit überhaupt finanzierbar“, sagt der Schatzmeister. Wenn Bürgerschaftsabgeordnete, Bundestagsabgeordnete und Aufsichtsräte nur noch 2.000 Mark spenden, dürfte die Summe die 100.000 Mark kaum überschreiten.

Auch Unternehmen könnten dann Parteispenden nur noch bis zu 2.000 Mark jährlich steuerlich absetzen. Die Industrie-Spenden hat die Weizsäcker-Kommission vor allem im Visier. Davon sind die in Bonn regierenden Parteien aber weitaus abhängiger als die SPD. Zwar begrüßt Ehrling es auch, daß solche Abhängigkeiten — in Deutschland seit der Flick-Affäre ein größeres Thema — verhindert werden. Gleichzeitig aber hofft der SPD-Schatzmeister im Hinblick auf die eigenen Parteifinanzen, daß in diesem Punkt das letzte Wort noch nicht gefallen ist.

Neben der aus Bonn drohenden Reform der Parteifinanzen hat der SPD-Schatzmeister natürlich stark an den ausgebliebenen Wahlkampf-Erstattungen zu knabbern — das Resultat des schlechten Wahlergebnisses von 1991. Zudem hatte damals die Bremer SPD 250.000 Mark von der Bonner SPD-Zentrale ausgeliehen - um die letzte Werbe-Anstrengung und die „Lieber- Klaus“-Plakate zu bezahlen. „Am 30.6.1994 muß das zurückgezahlt sein“, sagt Erling, so steht es in dem Vertrag. Gerüchte, daß geplante Bremer Stadtwerke-Spenden mit dem SPD-Kredit verrechnet werden sollten, kennt Erling, muß er aber dementieren: „Das wäre mir bekannt, wenn es so gewesen wäre.“ Als der frühere Schatzmeister Kähler ihm die Kasse übergab, sei davon auch keine Rede gewesen: „Ich gehe davon aus, daß er es mir gesagt hätte.“ Kähler ist inzwischen gestorben.

Der Stadtwerke-Vorstand hatte im Dezember 1991, also zeitgleich mit dem Bonner Kredit, beschlossen, in den kommenden drei Jahren der Bonner SPD jeweils 30.000 bis 40.000 Mark zu spenden. Tatsächlich wurde nur die 1991er Spende überwiesen, 1992 kam die Billig-Strom-Praxis der Stadtwerke ins Gerede und damit die gesamte Subventions-Praxis.

Die Bremer SPD hatte zunächst nichts an Bonn zurückgezahlt, aus der Kähler-Ära gibt es auch keine Vereinbarung über die Rückzahlungsmodalitäten. Das ganze Jahr 1992 wurde also nichts getilgt. Erst unter dem neuen Schatzmeister wurde eine Vereinbarung über die Tilgung getroffen, jetzt — 1993 — habe die Rückzahlung begonnen. Die Summen sind entsprechend hoch — pro Quartal betrage die vereinbarte Summe „30.000 bis 40.000 Mark“, sagt Erling. K.W.

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