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Wahlen ohne Frieden in Kambodscha

■ UN-Generalsekretär Butros Ghali besucht zum offiziellen Beginn des Wahlkampfes Phnom Penh/ Politisch motivierte Gewalttaten nehmen zu

Berlin (taz) –Heute beginnt in Kambodscha offiziell die letzte Etappe der Vorbereitungen für die Wahlen zur Verfassungsgebenden Versammlung vom 23. bis 27.Mai. Der UN-Sicherheitsrat bekräftigte am Montag noch einmal, daß diese Wahlen stattfinden sollen, verurteilte aber zugleich die eskalierenden Angriffe auf Mitarbeiter der UNO-Übergangsverwaltung (UNTAC) scharf.

Innerhalb von elf Tagen hat es acht Anschläge auf UN-Mitarbeiter und Blauhelme gegeben: der letzte Vorfall ereignete sich in der Nacht zum Dienstag, als ein bulgarischer Soldat während seines Wachdienstes in der Provinz Kompong Speu, 70 Kilometer nordwestlich der kambodschanischen Hauptstadt, von unbekannten Tätern angeschossen und schwer verletzt wurde. In der gleichen Provinz waren erst am Freitag drei bulgarische Blauhelme ums Leben gekommen, als eine Gruppe bewaffneter Roter Khmer ohne Vorwarnung das Feuer auf sie eröffnete – nach einem gemeinsamen Abendessen, zu dem die UN-Soldaten sie eingeladen hatten.

Wenn UN-Generalsekretär Butros Ghali heute in Phnom Penh ankommt, wo er bis Donnerstag bleiben will, wird er auf eine UNTAC treffen, die immer stärker damit beschäftigt ist, sich selbst zu schützen.

Über hundert Menschen sind allein im vergangenen Monat politisch motivierter Gewalt unter den ehemaligen Bürgerkriegsparteien zum Opfer gefallen, die im Oktober 1991 das Kambodscha-Friedensabkommen unterzeichnet hatten.

Die Anschläge auf die UNO werden den Roten Khmer zur Last gelegt, die eine Teilnahme an den Wahlen ablehnen. Die 16.000 Blauhelme und 5.000 zivilen UNO-MitarbeiterInnen waren vor einem Jahr nach Kambodscha geschickt worden, um die Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß die kambodschanische Bevölkerung frei von Bedrohung und Einschüchterung wählen kann. Wie überfordert die UNTAC mit diesem Auftrag ist, wurde erneut deutlich, als der UN-Sicherheitsrat am Montag die kambodschanischen Parteien auffordern mußte, Leben und Sicherheit des UN-Personals zu schützen.

Die Roten Khmer begründen ihre Angriffe auf die UNO damit, daß diese die Partei des Premierministers Hun Sen bevorteile. Dessen Regierung war Anfang 1979, nach dem Ende der Terrorherrschaft der Roten Khmer, von Vietnam in Phnom Penh eingesetzt worden. Der Haß auf Vietnam und die vietnamesischen Siedler in Kambodscha ist zum politischen Leitmotiv der Roten Khmer geworden. Diese Kampagne findet in breiten Teilen der kambodschanischen Bevölkerung ein positives Echo, auch in den meisten anderen Parteien und bei Anhängern der Regierung Hun Sens.

Hun Sen selbst erklärte in diesen Tagen in einem Interview mit der thailändischen Bangkok Post, es wäre „politischer Selbstmord“, wenn seine Regierung als Beschützer der vietnamesisch-stämmigen Bevölkerung im Lande auftreten würde. Seine Partei und Regierung sind nicht nur wegen ihrer Korruption in hohem Maße diskreditiert, sondern auch, weil sie ihre repressive Politik der vergangenen Jahre nur unter dem Schutz der vietnamesischen Regierung durchführen konnte. Sie muß jetzt befürchten, bei den für Ende Mai geplanten Wahlen schwer zu verlieren.

Etwa zwanzig Parteien haben sich registrieren lassen, wobei der Partei die besten Chancen gegeben werden, die vom Sohn des Prinzen Sihanouk geführt wird. Die Politiker dieser Partei, der FUNCINPEC, sind denn auch in den vergangenen Monaten zum Ziel zahlreicher Angriffe geworden, viele von ihnen wurden ermordet. Diese Anschläge gehen nach Einschätzung von Beobachtern vor allem auf das Konto der Regierungspartei und ihrer bewaffneten Kräfte. Jutta Lietsch

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