: FDP: Kein Kandidat hat hundert Punkte
■ Robert Vogel, Rolf Löchelt und Wilhelm Rahlfs balgen sich um den Chefsessel bei den Hamburger Freidemokraten
balgen sich um den Chefsessel bei den Hamburger Freidemokraten
Robert Vogel war ein wenig stolz auf seine Partei: „Das war doch richtig basisdemokratisch heute, das können Sie ruhig mal schreiben in der taz“. Stimmt. Fast ein bißchen grün-alternativ ging's zu am Dienstagabend beim „Kandidaten-Hearing“ der Hamburger FDP im Winterhuder Fährhaus: Kurz vor der für den 16. April vorgesehenen Vorstandswahl sprachen sich die drei Kandidaten für den
1Parteivorsitz wechselseitig jegliche Qualifikation für dieses Amt ab.
Parteipatriarch Vogel wurde dabei am deutlichsten: Eigentlich, so der 74jährige Immobilienmogul und Bürgerschaftsabgeordnete, gebe er ja denjenigen recht, die einen neuen, einen jüngeren Vorsitzenden für die Hamburger FDP fordern. „Aber....tja, äh...ich halte meine Konkurrenten für nicht geeignet.“ Und deshalb, liebe FDP-
1Mitglieder: nochmal Vogel wählen.
Das wiederum fänden die beiden Gegenkandidaten, Ex-Wirtschaftssenator Wilhelm Rahlfs und Newcomer Rolf Löchelt, fatal. Allerdings nicht unbedingt aus denselben Gründen.
Löchelt, 47jähriger Verleger aus dem FDP-Kreis Alstertal und einem größeren Publikum bisher allenfalls durch seinen Vorschlag aufgefallen, auf Wahlzetteln künftig eine Rubrik
1„Nichtwähler“ einzurichten, dieser Rolf Löchelt kandidiert vor allem, weil er sich „für geeignet hält“. Warum? „Weil ich unabhängig bin, weil ich ein Mann aus der Wirtschaft bin.“ Und weil er unzufrieden ist mit der Arbeit Robert Vogels: „Eine große Zufriedenheit mit dem Vorstand gibt es nicht.“ Löchelt erhält von den rund 80 FDP- Mitgliedern im Fährhaus den für Außenseiter obligatorischen Anstandsapplaus.
Wilhelm Rahlfs dagegen kandidiert vor allem, weil er nach 1995 wieder Senator werden möchte. Ihm geht der strikte Oppositionskurs Vogels samt Saga-, Filz- und Diätenattacken mächtig gegen den Karriere-Strich. Der „Verbalradikalismus“ seines Vorsitzenden berücksichtige so gar nicht, „daß die Gegner von heute die Partner von morgen sein könnten“. Mit Vogel als FDP-Chef, so befürchtet Rahlfs, könnte der FDP nach den Bürgerschaftswahlen passieren, was den meisten Freidemokraten noch immer einen Schauer über den Rücken jagt: nicht gefragt zu werden bei einer Regierungsbildung.
Rahlfs erhält für seine Schmusekurs-Option nicht mehr Applaus als unbedingt nötigt, erntet gar Widerspruch und wird an fast schon Verdrängtes erinnert: an den Diätenskandal. Rahlfs, so ruft ein FDP- Mitglied dem Möchtegernwiedersenator zu, habe doch „mit Verve für diese Kungelei gefochten“. Dank für den Zwischenrufer: ein ermunterndes Augenzwinkern Vogels, der zwar Parteichef bleiben, aber eines auf jeden Fall nicht mehr werden möchte: Senator.
Da verteilt der 74jährige doch lieber Ratschläge an jüngere Kollegen in hohen Staatsämtern. An den grünen hessischen Umweltminister zum Beispiel: „Als Joschka Fischer hätte ich versucht, den ganzen Laden dicht zu machen.“ Gemeint waren mit dem „ganzen Laden“ weder die hessischen Grünen noch die Hamburger FDP, sondern die Störfall-Produzenten von Hoechst. Der Beifall der versammelten Freidemokraten für diesen Vorschlag hielt sich in Grenzen.
Deswegen unser Tip an Basisdemokratiefan Vogel: Falls es nicht klappen sollte mit der Wiederwahl am 16. April, auch die GAL sucht dringend neue Mitglieder. Uli Exner
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