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Und alles versinkt in tödlichem Schwarz

■ Die Kleinfamilie als alltägliches Inferno: Im Metropolis ist am 17.4. der Regisseur Michael Haneke zu Gast

zu Gast

Mit dem Programm Gegenrede stellt das Metropolis-Kino seit Januar Regisseure aus dem deutsch-sprachigen Raum vor, die zwischen "Pretty Woman" und "Lethal Weapon, Teil 3" einen bekanntermaßen schweren Stand haben. Zwischen mutloser Filmkritik und uninspiriertem Kinoprogramm fällt Künstlern wie Uwe Schrader, Wolfgang Becker oder Dominik Graf das Dasein schwer, Auftragsarbeiten für das Fernsehen dienen mittlerweile denjenigen zum Broterwerb, die mit ihren Bildern eigentlich große Leinwände füllen wollen. Der Wiener Michael Haneke stellt als siebenter und letzter Gast der Veranstaltungsreihe seine Filme „Der siebente Kontinent“ und „Benny's Video" sowie seinen Wunschfilm, Robert Bressons „Lancelot Du Lac“, persönlich vor.

Die Leere in Hanekes Filmen ist alltäglich, ein Radiowecker schaltet sich morgens um sechs Uhr automatisch ein, das tut er seit Jahren um diese Zeit, wahrscheinlich seit Jahrzehnten - Rituale. Immer und immer wieder beginnt der Tag von Georg und Anna mit einem digitalen Kommando, der Mittelklassewagen steht gewaschen vor der Tür, Anna muß zur Arbeit, Georg muß zur Arbeit, die Tochter Eva geht in die Schule.

Die Ordnung ist allgegenwärtig, in Der siebente Kontinent hat der gebürtige Münchner 1989 die Übersichtlichkeit einer Linzer Kleinfamilie in eisigen Bildern festgeschrieben. Aufstehen, essen, arbeiten, einkaufen, Routine: Ein desillusionierendes Weltbild wird förmlich in Beton gegossen, in seiner Gradlinigkeit und formalen Strenge liegt eine Botschaft, die vor allem verneint, daß in der vollendeten Isolation eines Einfamilienhauses so etwas wie ein kleines Glück verborgen sein könnte.

Und mit dieser Feststellung meint Haneke es ziemlich ernst. Wen wundert's also, wenn in Benny's Video die Aussichten ebenfalls düster sind, auch hier ist die Kleinfamilie ein Inferno in letzter Konsequenz. Benny, ein einsamer Jugendlicher, findet in der Welt der Videofilme emotionalen Ersatz. Seine Eltern sind meist unterwegs; als er eines Tages ein Mädchen kennenlernt, nimmt eine Katastrophe ihren Verlauf.

So heißt das Credo „Alle Sicherheit ist Schein“, Vertrautheit und Routine erweisen sich in den Bildern als trügerisch, Klarheit und Geometrie ihrer Abmessungen sind in Wahrheit ein Labyrinth, in dem Gefühle ihre Berechtigung verlieren und Menschen nur noch als Mechanismus erkennbar sind. Abrupte Abblenden lassen die einzelnen Sequenzen in tödlichem Schwarz versinken - der Panzer, mit dem die Menschen sich schützen wollen, bringt sie letztendlich um.

Da ist es nur schlüssig, daß Haneke ausgerechnet Bressons rauhe Bearbeitung des mittelalterlichen Lancelot-Romans zum Wunschfilm erkor - schon hier ist die Welt zum Untergang verurteilt. Die Ritter der Tafelrunde ereilt zum Schluß der Tod. Die Panzer haben auch hier wenig genützt, ein Blechhaufen bleibt übrig, erbärmlicher Abglanz einstiger Größe. cat

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