Den Gewinn bringen nur Normalkredite

Fünf Jahre Ökobank: Zum Geburtstag schreibt das auf Umweltschutz und Ethik ausgerichtete Geldinstitut erstmals schwarze Zahlen /Die Bilanzsumme steigt  ■ Aus Frankfurt Klaus-Peter Klingelschmitt

In diesem Jahr haben die Frankfurter Ökobankiers einen handfesten Grund, den Geburtstag ihres Geldinstituts zu feiern. Fünf Jahre lang haben die Männer und Frauen um Vorstandssprecher Oliver Förster das basisnahe Geldinstitut mühsam über Wasser gehalten, bis sie jetzt erstmals schwarze Zahlen schreiben konnten. Die Bilanzsumme der Ökobank ist 1992 auf 174 Millionen Mark gestiegen, vor Steuern steht ein Plus von 12.000 Mark im Jahresabschluß. Der erste Gewinn, sagt Banksprecherin Jutta Gelbrich, wird beim großen Fest an diesem Wochenende in und um das Bistro Arche Nova im Frankfurter Ökohaus mit den ugly bankers auf den Kopf gehauen.

Doch die ÖkobankerInnen haben auch ihr Päckchen zu tragen. Noch immer schleppen Förster, Gelbrich und Co. einen Verlustvortrag aus Gründerzeiten in Höhe von 3,5 Millionen DM mit sich herum. Und mit der Ertragslage der Bank, so Jutta Gelbrich, sei man auch nach fünf Jahren nicht zufrieden – „trotz des kontinuierlichen Wachstums“. Um 25 Prozent stieg die Bilanzsumme zum Jahresabschluß 1992 im Vergleich zum Vorjahr. Und die ÖkobankerInnen prognostizieren auch für die kommenden Jahre ein Wachstum von „um die 30 Prozent“.

Die internen Revisoren der Ökobank wissen dabei genau, daß nur der sogenannte Normalbereich der jungen Bank das Überleben garantiert. Der Normalbereich – das sind die ganz normalen Kreditnehmer mit akzeptablen Bonitätsstufen, die ganz normalen Einleger und Girokontoüberzieher und die ganz normalen Zeichner der diversen Sparbriefe der Ökobank. Diese „Normalos“, sagt Jutta Gelbrich, „tragen den ganzen Rest mit“: die risikobehafteten Kredite für wacklige Projekte, die Kosten für die Kreditabsicherung und die unsicheren Großkredite für neu aus dem Boden gestampfte Projekte von Menschen mit vielen Ideen, aber wenig Geld und Sicherheiten.

Am Garderobenhaken der Ökobank hängen Leder- und Jeansjacken, Motorradhelme und ein Palästinensertuch – keine Kaschmirschals und keine Nadelstreifenjacketts. Und auf dem Kühlschrank im Gang gammelt eine Milchtüte vor sich hin.

Die Ökobank sei halt keine Bank wie jede andere, sondern habe den Anspruch – entsprechend den Grundsätzen der Bank – gesellschaftspolitisch innovativ zu werden. Doch wo die Reise hingehen soll, wissen zur Zeit auch die ÖkobankerInnen nicht mehr ganz so genau wie zu Gründerzeiten. Gelbrich: „Eine gesellschaftspolitische Standortbestimmung der Bank ist das Gebot der Stunde.“ Der Ökologiebegriff müsse neu definiert und Veränderungen in der Bewegung müßten ausgelotet werden. Daneben drängten sich neue Themen auch für die Bank auf, wie neue Armut sowie Rassismus und Ausländerfeindlichkeit.

Um die Bankbasis in den Diskussionsprozeß einbinden zu können, hat die Zentrale in Frankfurt eine Zukunftswerkstatt ins Leben gerufen. In unregelmäßigen Abständen sollen Banker und Bankbasis in der Werkstatt an Zukunftsplänen schmieden und an neuen Konzepten für die Bank basteln.

Zwar expandierte die Ökobank im zurückliegenden Geschäftsjahr auch räumlich, doch die Standortsituation in Frankfurt/Main ist „völlig unbefriedigend“. Die ÖkobankerInnen sind auf der Suche nach einem Haus für die gesamte Bank, um die unseligen Zeiten des „Vierfachsplittings“ endlich beenden zu können: zur Zeit noch wird – über die Stadt verteilt – in der Filiale im Stadtteil Bornheim, im dritten und fünften Stock eines Hauses in der Brönnerstraße und in einem Bürohaus in der Stiftstraße in Zeilnähe gearbeitet – „ein unhaltbarer Zustand“. Neue Filialen in der Republik, so Gelbrich, wird es erst Ende 1994/Anfang 1995 geben.

Noch ist nicht entschieden, wo die Ökobank demnächst ihre zweite Dependence errichten wird. „Im Gespräch“ sind Berlin, Düsseldorf und München. Die vor Jahresfrist eröffnete Filiale in Freiburg entwickele sich „prächtig“ und mit ausgewogener Bilanzstruktur. Schon in zwei Jahren, so die Prognose, werde in Freiburg kostendeckend gearbeitet – ein Erfolg, der nicht zuletzt der gestandenen und einlagebereiten Ökoszene des Schwarzwaldstädtchens geschuldet ist. Bei Großstadtfilialen seien dagegen die Vorlaufkosten enorm. Und deshalb müßten sich die in den Startlöchern stehenden Ökobankgruppen in den Metropolen „noch etwas gedulden“.

Ausgestanden scheint bei der Ökobank auch der Streit um den Einstieg ins Fondsgeschäft zu sein. Das Zulassungsverfahren für den Investmentfonds der Ökobank läuft. Und die ÖkobankerInnen sind zuversichtlich, via Luxemburg demnächst im lukrativen Fondsgeschäft mit einer Angebotspalette von Zeichnungspapieren ökologisch und ethisch ausgerichteter Firmen mitmischen zu können. Auch der Fondsbeirat steht: Es gibt feste Zusagen vom BUND (Naturschutz), von Transfer (Dritte Welt) und vom Institut Europäische Umweltpolitik. Die ÖkobankerInnen gehen deshalb „alles in allem zuversichtlich“ ins sechste Jahr, sagt Jutta Gelbrich.