■ Cash & Crash
: Insider dealen überall

Dublin (taz) – Dublins Börse ist zwar klein, aber sie kann Skandale wie die großen produzieren. Diesmal ging es um Greencore, die ehemalige staatliche Sugar Company, die vor zwei Jahren privatisiert worden ist. Die Regierung wollte nun die restlichen 30 Prozent der Aktien, die sich noch in ihrem Besitz befanden, über die Börsenmaklerfirma Davy verkaufen. Die Aktien gingen weg wie warme Semmeln, zumal sie mit einem Discount von 8,3 Prozent angeboten wurden. Doch dann stellte sich heraus, daß Davy einen Großteil der Aktien – zum Teil über Mittelsmänner – an drei seiner eigenen Direktoren verkauft hat. Weitere Aktienpakete gingen an Tochterunternehmen der privaten Bank of Ireland, der zufällig auch 90 Prozent der Maklerfirma Davy gehören.

Illegal waren diese Transaktionen jedoch nur deshalb, weil die Bank of Ireland im vergangenen Jahr bereits 14,95 Prozent der Greencore-Anteile erworben hatte. In den Statuten des Unternehmens heißt es jedoch, daß kein Aktionär mehr als 15 Prozent der Anteile besitzen darf. Die Dubliner Börse hat daraufhin die Kursnotierung ausgesetzt und eine Untersuchung eingeleitet. Der Sprecher der Opposition, Ivan Yates, bezichtigte neben Davy auch den zuständigen Finanzminister Bertie Ahern der „Inkompetenz, die den irischen Finanzmärkten enormen Schaden zugefügt“ habe. „Irland wird als wackligster Markt Europas berüchtigt werden“, munkelte Yates.

Brian Davy, der Vorsitzende der Maklerfirma, sagte, daß die Anwälte seiner Firma sich inzwischen zwei Tage lang durch die komplizierten Greencore-Statuten gearbeitet und dabei festgestellt hätten, daß die 15-Prozent- Regelung tatsächlich bestehe. „Diese Regelung stand groß in sämtlichen Zeitungen, als der Verkauf der Aktien an den US- Multi Archer Daniels Midland (ADM) lang und breit debattiert wurde“, sagte ein Börsianer. „Ich möchte wetten, daß jeder Taxifahrer in Dublin darüber Bescheid wußte.“ ADM zog im vergangenen Monat sein Angebot zurück, weil es eine politische Kontroverse ausgelöst hatte. Die an der Koalitionsregierung beteiligte Labour Party wollte die Aktien lieber an irische Investoren verkaufen.

Die einheimischen Investoren hatten Greencore schon vor der Privatisierung abgemolken. Vor zwei Jahren kam nämlich heraus, daß sich vier Geschäftsführer der damals noch staatlichen Sugar Company 49 Prozent der Anteile an der Vertriebsfirma Irish Sugar Distributors für 1,68 Millionen Pfund unter den Nagel gerissen hatten – mit einem Kredit der Sugar Company, den sie sich als Geschäftsführer bequemerweise selbst bewilligen konnten. Elf Monate später verkauften sie ihre Anteile für 8,6 Millionen Pfund – an die Sugar Company. Anders ausgedrückt: die vier sauberen Geschäftsführer kauften sich die Aktien im Namen der Staates praktisch selbst ab. Ralf Sotscheck