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Rudi im Aufwind – Oskar im Sinkflug

■ Die Kandidatensuche bei den Sozialdemokraten: Lafontaines Chancen sinken / Scharping steht bestens da

Bonn (taz) – Nun also beginnt der SPD-interne Wahlkampf ganz offiziell. Die Spitzengremien der SPD, die nach Engholms Rücktritt die Führungskrise zu managen hatten, haben statt eines Personal- vorerst einen Verfahrensvorschlag zustande gebracht. Der allerdings prägt die zur Entscheidung anstehende Frage ganz erheblich. Wer wird Björn Engholm als Parteivorsitzender, wer wird ihn als Kanzlerkandidat beerben?

Bewerber für den Parteivorsitz, mahnte Interimschef Rau gestern vor dem Parteirat an, müssen sich jetzt melden, denn darüber entscheiden die Mitglieder im Juni und anschließend der Sonderparteitag. Im Zeitablauf – erst der Parteivorsitzende, dann legt der Sonderparteitag fest, wer wann wen zum Kanzlerkandidaten kürt – zeigt sich auch eine Hierarchie. Wer der oder die erste in der SPD sein soll, das dürfe keine bloß aus der Kanzlerkandidatur abgeleitete Frage sein, hieß es am Montag im Parteivorstand – ein dezenter Seitenhieb auf Gerhard Schröder. Auch gestern, im Parteirat, hörte der Anwärter auf beide Ämter nicht nur Freundlichkeiten. Eine „schlecht plazierte politische Modenschau“ sei sein Vorpreschen am Tag des Engholm-Rücktritts gewesen, fand ein Parteiratsmitglied.

Aber vor allem ging es um Zukünftiges. Mit der „Gefahr organisierter Reibungsverluste“ und der Furcht vor „drei Machtzentren“ begründete der niedersächsische Ministerpräsident sein unbedingtes Junktim zwischen Parteivorsitz und Kanzlerkandidatur. Rudolf Scharping blieb dabei, daß er sich hinsichtlich der Kanzlerkandidatur weder so noch so festlegen wolle: „Erst wird gewählt und dann müssen wir nach der Konstellation fragen.“ Außenseiter-Kandidatin Heidi Wieczorek-Zeul will Ämterteilung, sie kandidiert nur für den Parteivorsitz. Die Partei brauche „gelebte Kooperation“. Viel Applaus für die Kandidatin, als sie sagte, sie habe mit keinem der drei anstehenden Bewerber für die Kanzlerkandidatur Probleme.

Was aber ist mit diesem dritten Aspiranten für das Kanzleramt? Oskar Lafontaine ließ sich im Parteirat entschuldigen. Ein Betrieb in der Krise entführte den Ministerpräsidenten an die Saar, und so hörte das höchste SPD-Gremium zwischen den Parteitagen keine Rede des dritten Schwergewichts in der SPD, dem mancher am liebsten beide Ämter angetragen hätte. Wenn es den vermuteten „Deal“ mit Scharping – der eine Parteichef, der andere Kanzlerkandidat – doch nicht geben sollte, hat Lafontaine nicht mehr viel in der Hand.

Wer Scharping in den letzten Wochen beobachtet, sieht eigentlich nur, daß er immer stärker wird. Daß er den Anspruch auf das erste Wort über die Kanzlerkandidatur beanspruchen wird, bestätigte er auch gestern wieder. Wenn er den Kampf um den Parteivorsitz gewinnt, kann Lafontaine eine Entscheidung zu seinen Gunsten kaum erzwingen, wenn Scharping nicht will.

Drei Wochen hat Lafontaine vergeblich darauf gewartet, daß die Partei ihn ruft. Seine Bereitschaft „für eine der beiden Spitzenpositionen zur Verfügung zu stehen, mit Präferenz für die Kanzlerkandidatur“, die er am Montag im Parteivorstand dann in aller Form vorbrachte, löste nur wenig Reaktion aus. Tissy Bruns

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