: Kein Underground auf dem Overground
■ Nach Ausladung der Rockgruppe "Auktyon" fast nur noch Folklore auf dem St. Petersburger Wochenmarkt
fast nur noch Folklore auf dem St. Petersburger Wochenmarkt
Die Nachricht ist kurz und endgültig: Die St. Petersburger Underground-Rockgruppe „Auktyon“ darf nicht weiter auf dem St. Petersburger Wochenmarkt vor dem Hamburger Rathaus auftreten. Die Musik passe nicht in eine solche Veranstaltung, das Publikum sei für eine derartige Rockmusik zu alt, sagen Wirtschaftsbehörde, NDR und Marktbeschicker unisono. Für St. Petersburg würde sich eben nur die ältere Generation interessieren.
Es ist immer wieder das Gleiche. Wenn die Stadt auf dem Rathausmarkt ein Fest organisiert, wird Kommerz als Kultur verkauft. Das war beim großen Fressen „Hamburg kocht auf“ so und ist beim „Stuttgarter Weindorf“ nicht anders. Nun ist St. Petersburg an der Reihe. Der Wochenmarkt sollte ein Dankeschön der Russen an die Partnerstadt Hamburg für die Hilfe der vergangenen Winter sein. Die Organisatoren versprachen kulinarische Genüsse, Kunsthandwerk und ein Musikprogramm.
Von all dem ist nicht viel geblieben. Die Bock-, Brat- und Grillwürste stammen aus deutscher Produktion, den Bierausschank haben die Hamburger Brauereien unter sich aufgeteilt, und die Preise sind eine Frechheit (0,2 Liter Apfelsaft zwei Mark). Zum Kunsthandwerk ist wenig zu sagen. Wenn es denn anwesend sein sollte, man muß es suchen. Und nun die Geschichte mit den quasi ausgeladenen Musikern der russischen Gruppe „Auktyon“.
Gerhard Weber von der Deutsch-Russischen Gesellschaft und Mitorganisator des Wochenmarktes, wollte eine möglichst breite Palette russischer Kultur anbieten, wozu auch „Auktyon“ gehöre. Daß ihre Auftritte nun allesamt gestrichen wurden, hat nicht nur etwas mit Banausentum zu tun. Es dokumentiert vor allem den Dilettantismus, mit dem solche Veranstaltungen aufgezogen werden.
Der NDR-Moderator Torsten Römling sagte der taz, die achtköpfige Gruppe habe fast eine Stunde für ihren Sound-check gebraucht und dadurch den Bühnenbetrieb aufgehalten. Nun, das hätte man vorher wissen können, daß sich eine Wandergitarre schneller stimmen läßt. Beruhigend zumindest, daß es für Eberhard Leopold von der Wirtschaftsbehörde nicht an der Lautstärke gelegen hat, weitere Auftritte der Gruppe abzusagen. Aber dann wird es auch schon wieder haarig. Er habe vorher keine Ahnung gehabt, so Leopold zur taz, welche Art Musik er da einlädt. Schuld seien Kommunikationsprobleme gewesen. Schlechte Telefonverbindung nach St. Petersburg, kein Fax, und dann die fehlenden Sprachkenntnisse.
Zwar habe er Verständnis für die Enttäuschung der Gruppe, aber die Verträge würden eingehalten. „Die können natürlich in Hamburg bleiben und bekommen sogar ihr Taschengeld.“ Als wenn's denn noch was nützen würde, bescheinigte er den Mitgliedern von „Auktyon“ Spitzenmusiker zu sein. Norbert Müller
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