: Insektenbrei macht frei
■ Der ehemalige Zehnkampf-Weltrekordler Kurt Bendlin feiert seinen 50. Geburtstag / Heute veranstaltet er Überlebenskurse für gestreßte Manager
feiert seinen 50. Geburtstag / Heute veranstaltet er Überlebenskurse für gestreßte Manager
Gestreßte Manager hetzt er durch den Wald. Kurt Bendlin hat sein Hobby, die Forderung an den eigenen Körper und Geist, zum Beruf gemacht: In der holsteinischen Schweiz gibt er Überlebenskurse für Manager und macht damit eine gute Mark. Der Blick des gebürtigen Malenters war nicht immer nur auf die Kohle gerichtet, vor gut zwanzig Jahren war er der „Sportler der traurigen Gestalt“. Heute feiert er seinen 50. Geburtstag.
Angefangen hat Bendlin als kleiner Odysseus: Mit dem Speer erzielte er Weiten bis an die 80 Meter heran. Eine Verletzungspause nutzte der damalige Sportstudent zum Wandel zum Zeus des Sports, er wechselte in die Königsdisziplin Zehnkampf. Ein erster Höhepunkt der Karriere war 1968 in Mexico- City der Gewinn der Bronzemedaille im Decathlon, weitere Championatserfolge blieben ihm wegen Verletzungen versagt. 1972 wurde der Weltrekordhalter zum traurigen Helden der Boulevardpresse: Einige Monate vor den olympischen Spielen kam mit einem Riß der Achillessehne das Aus für den hochgewetteten Favoriten der Spiele. Danach bestritt er nur noch kleinere Wettkämpfe, gab mit seinem 20. Zehnkampf und dem vierten Gewinn einer Deutschen Meisterschaft 1974 seinen Abschied im Sport.
Danach kamen verschiedene Stationen als Sportlehrer und als Trainer, niemals der richtige Job: Für ein geordnetes Leben war der zeitloseste aller deutschen Athleten nicht geeignet: Er heiligte die Unordnung, verachtete bürgerliche Zeitpläne, studierte zwanzig Semester Sport und verzichtete auf jede Karriereplanung. Den rechten Kick bekam er im Wald, in der Umgebung seiner Heimat Malente. In einem hübsch gestrickten Kursprogramm macht er mit Insektenbrei Versicherungsvertretern den Kopf frei: Das Lachen, meistens etwas nach innen gekehrt, signalisiert wohl auch etwas Hohn über die, die sich dort mit kärglichem Mahl die Tage im Wald unter seiner Anleitung um die Ohren schlagen. Zu laut darf das Lachen aber nicht werden, denn der eigene Weg lohnt sich — damals wie heute. ank
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