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Begrenzter Zutritt für Roma zur Gedenkfeier

■ In ihrem Grußwort äußerte Bischöfin Jepsen Verständnis für Mahnwache und forderte ein Bleiberecht für Roma und Sinti

für Roma und Sinti

Ein bedrückender Ort — trotz des Vogelgezwitschers, trotz des Dufts der Lilien, die neben dem Kranz am Fuße des Mahnmals niedergelegt wurden. Aber selbst das Gedränge der Journalisten, das

1Klicken der unzähligen Kameras und die halblauten Regieanweisungen der Fernsehteams konnten der Gedenkfeier im ehemaligen Konzentrationslager Neuengamme nicht die Würde nehmen. Nach

1fast zweiwöchigem Warten wurde gestern endlich eine Delegation von Roma auf das Gelände der Gedenkstätte gelassen — zu einer Gedenkfeier, die an den 53. Jahrestag der ersten Deportationen von

1Roma in die Vernichtungslager der Nazis erinnern sollte.

Doch die meisten der rund 500 Roma, die seit dem 16. Mai auf dem nahegelegenen Feld in Zelten ausgeharrt hatten, durften nicht an der Trauerfeier teilnehmen — nur 15 Delegierten der Roma-Familien wurde der Zugang zu dem, immer noch polizeilich abgesperrten Gelände gewährt. Unter dem Mahnmal, das an der Stelle der alten Lagergärtnerei steht, in der ab 1942 die Asche der Ermordeten als Kompost verwendet wurde, sprach Pastor Jürgen Köhler mit den Roma deutsche und polnische Gebete. Anschließend verlas der Pastor ein Grußwort der Hamburger Bischöfin Maria Jepsen.

„Die Empörung vieler HamburgerInnen über Ihre Demonstration und Mahnwache teile ich nicht“, erklärte die Bischöfin darin. Und: „Wer, wenn nicht auch Sie, hat ein Recht, in Neuengamme die Stimme zu erheben.“ Mit dem Bibelzitat „Wenn ein Fremdling bei euch wohnt in eurem Lande, den sollt ihr nicht bedrücken ...“ mahnte sie alle VerantwortungsträgerInnen, „die Barrieren abzubauen, die uns immer noch innerlich hindern, dem kleinen Volk, das kein Land sein eigen nennt, ein Bleiberecht zu geben, auch bei uns“.

Eine Ansicht, die der Staatssekretär vom Bundesinnenministerium Dr. Johannes Vöcking keineswegs teilt. In einem Antwortschreiben, das er dem Roma National Congress (RNC) gestern als Antwort auf dessen Postulatum zusandte, erklärt er: „Die Bundesregierung verkennt nicht die historische Verantwortung gegenüber den Sinti und Roma. Dennoch kann dies nicht dazu führen, daß den Roma, die aus dem ehemaligen Jugoslawien eingereist sind, ein dauerndes Bleiberecht eingeräumt wird.“ Auch die RNC-Forderung nach Anerkennung als Flüchtlinge gemäß der Genfer Konvention (GK) wischte Vöcking mit einem Satz vom Tisch: „Eine Ausdehnung der GK auf Personen, die nicht von ihr erfaßt werden, kann nicht in Betracht gezogen werden.“

Um den Verantwortlichen dieser Politik ein wenig „näher“ zu kommen, werden die Roma heute das Camp in Neuengamme abbrechen und am 7. Juni nach Bonn zum Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen verlegen. Der RNC-Vorsitzende Rudko Kawczynski: „Erstmal müssen wir uns von den Strapazen dieses Lagers erholen.“ Sannah Koch

Treffen zur Unterstützung der Roma, heute, 15 Uhr, in der Roten Flora

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