: Kommunalkino: „Die Legende vom Nil“
■ Paul Klee, Ägypten
Der Maler Paul Klee reiste Ende der 20er Jahre nach Ägypten — als kultivierter Tourist, der die Sehenswürdigkeiten besuchte, das exotische Stadtleben von Kairo auf sich einwirken ließ und bis Assuan den Nil hinaufzog. Als Spuren dieser Reise gibt es seine Briefe an die Familie und Tagebuchaufzeichnungen — vor allen Dingen aber seine Bilder.
1991 hat der Filmemacher Rüdiger Sünner die Reise noch einmal gemacht — er hat dieselben Stätten besucht, versucht die von Klee beschriebenen und gemalten Stimmungen im Ägypten von heute wiederzufinden und seine Bilder in einer essayistischen Filmcollage mit den Originaltexten und Gemälden zu verweben.
Sünners Reiseeindrücke sind in schwarzweiß gedreht: Straßenszenen, Flußfahrten, Stadtaussichten. Kinder lachen direkt in die Kamera, ein Führer winkt uns in einer Tempelanlage zu einer besonders imposanten Wand voller Hyroglyphen, bei den Aufnahmen vom Kamelmarkt von Kairo sieht man im Hintergrund die häßliche Stadtautobahn.
Der Originalton mit Straßengeräuschen, Kamelgeschrei oder dem Rauschen des Flußes ist nie synchron, so daß man die Aufnahmen nie als real, sondern immer als Bilder empfindet. Auch die Musik, die gesprochenen Zitate Klees und Auszüge aus dem ägyptischen Totenbuch wirken wie Spuren — tastende Versuche einer poetischen Annäherung. Den Worten kann man nie ganz trauen, die Orte haben sich längst verändert — unumstößlich wahr sind nur Klees Gemälde und so zeigt Sünner sie auch: nach einigen Sekunden schwarzer Leinwand tauchen sie in Farbe auf.
Man hat genug Zeit, sie intensiv auf sich einwirken zu lassen; und so wirken die Parallelen zu den Bildern, die Sünner gefunden hat, ganz unaufdringlich und gerade deswegen so intensiv. Sünner hat einen guten Blick fürs Detail: seine mit einer Handkamera gedrehten Bilder scheinen nur auf den ersten Blick beiläufig und schemenhaft.
Als Einstimmung läuft der holländische Kurzfilm „Freezing Frame“, in dem klassische Gemälde der großen Meister recht respektlos als Zeichentrickszenen lebendig werden.
Wilfried Hippen
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