: Fotokunst zwischen Waschmaschine und Trockner
■ Hamburger "Frauen-Foto-Netzwerk" stellt erste Ausstellung im Waschsalon Hein-Hoyer-Straße vor
stellt seine erste Ausstellung im Waschsalon Hein–Hoyer–Straße vor
Kein Glas, keine Rahmen, keine Passepartouts. Die Fotos sind einfach nur mit Tesa oder Stecknadeln an den Wänden befestigt. Und zu besichtigen ist diese Ausstellung in — einem Waschsalon. Das ungewöhnliche Projekt stammt von den Fotografinnen Gesche M. Cordes, Silke Goes, Cordula Kropke, Ille Oelhaf, Annette Präkelt, Karin Prinzhorn und Marily Stroux. Sie sind die Initiatorinnen des neugegründeten „Frauen-Foto-Netzwerk“, das sie mit dieser Ausstellung der Öffentlichkeit vorstellen wollen.
Indem sie die Wände zwischen Waschmaschinen und Trocknern nutzen, probieren sie praktisch aus, was ihnen theoretisch schon lange am Herzen lag: Kunst und Arbeitsalltag nicht fein säuberlich voneinander getrennt, sondern miteinander verwandt und verwoben. Dem Auftaktprojekt ihres jungen Vereins gaben sie den Titel: „60 Grad Schwarz-Weiß-Programm im Schleudergang“.
Gerade die Fotografie steht mit der Arbeitswelt auf vertrautem Fuße, ist sie doch in erster Linie ein Brotberuf – sogar ein besonders rücksichtsloser: „Es gibt da wenig Aufmerksamkeit für die anderen. Nur Einzelkämpfertum und extrem viel Konkurrenz“, sagt Gesche M. Cordes. Gegen die allgemein übliche Ellenbogenmentalität setzen die Frauen jetzt mit dem „Netzwerk“ auf ein Forum zum Erfahrungsaustausch für Fotografinnen, Bildredakteurinnen und Filmerinnen. Langfristig planen sie ein Informationszentrum. „Bundesweit und weltweit“, erklärt die Pressefotografin Marily Stroux, von der auch die Idee zum Projekt stammt.
Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Medium Kamera soll, da sind sich die Gründerinnen einig, das zweite Standbein der „Netzwerk“-Arbeit sein. Nicht die Illusion von Überblick auf den Bildern möchten sie kultivieren, sondern vielmehr den „eigenen“ Blick. Der auch ein spezifisch „weiblicher“ Blick sein soll? Darüber denken sie unterschiedlich, aber gerade das finden sie reizvoll.
Die Bilder im Waschsalon variieren verschiedenste Versionen von Straßen- und Alltags-Szenen. An den Motiven springen zuerst die verblüffenden, gleichwohl winzigen Besonderheiten ins Auge, obwohl alle Motive letztlich auch von der Trägheit des Leben und vom mühsamen Alle-Tage-Trott erzählen. Die Lust am Schauen ist jedesmal mitinszeniert — und sei es so bei-
1ufig wie auf dem folgenden Bild: Drei Kinder haben an einer Hauswand eine Decke ausgebreitet, auf der sie Krimskrams zum Verkauf anbieten. Gehweg und Straße sind
1nder Mittagssonne wie ausgestorben, derweilen die auf Kundschaft wartenden Gören sich unter ausgespannten Regenschirmen lümmeln und in die Kamera kichern. Ein Au-
1genschmaus. Dorothea Schüler
Ab sofort im Waschsalon Hein-Hoyer- Str. / Ecke Simon-von-Utrecht-Str. (Mittwoch ab 11 Uhr gibt es ein Glas Sekt zur Eröffnung)
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