: Rechtsradikaler feuerte in die Menge
■ Bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen Neonazi und AntifaschistInnen im Schanzenviertel / Polizei kam erst spät
zwischen Neonazi und AntifaschistInnen im Schanzenviertel / Polizei kam erst spät
Henry Fiebig, Aktivist der militanten faschistischen Szene, ist am Freitag von Autonomen aus dem Spektrum der Roten Flora als direkter Nachbar derselben in der Juliusstraße 20 enttarnt worden. Dabei feuerte das Mitglied der seit Dezember 1992 verbotenen Nationalen Offensive (NO) über zwanzigmal mit einer Schußwaffe Leuchtspurmunition auf NachbarInnen, PolizistInnnen und FloristInnen.
Henry Fiebig wohnte vor seinem Umzug in die neuen Sozialbauten an der Roten Flora mit Christian Scholz, einem der Mitbegründer der NO und presserechtlich Verantwortlichem der „FAP-Nachrichten“ und diverser anderer rechtsradikaler Schriften („Volksgenossen“, „Der politische Soldat“ im Karolinenviertel. Beide sind schon des öfteren zusammen im Schanzenviertel gesehen worden und sollen auch an diesem Freitagabend zusammen in der Wohnung Fiebigs gegenüber der Flora gewesen sein.
Freitag abend gegen 20 Uhr versammeln sich knapp 250 FloristInnen vor der Haustür der Juliusstraße 20. Sie verteilen ein Flugblatt über die Aktivitäten der Beiden und halten eine Kundgebung ab. Nach Polizeiangaben sollen einige der DemonstrantInnen Fiebigs Wohnungstür aufgehebelt und seine Wohnzimmertür eingetreten haben. Daraufhin habe Henry Fiebig das Feuer eröffnet. Die DemonstrantInnen suchen in den umliegenden Hauseingängen Feuerschutz. Wenig später treffen Beamte der Revierwache 16 ein, in deren Richtung Fiebig nach Angaben von Augenzeugen auch angelegt haben soll.
Was sich in der nächsten Stunde in der Juliusstraße abspielt, gleicht einem Krimi. Immer wieder geht Fiebig ans Fenster und feuert Signalmunition in die Menge. Ein Nachbar, der sein parkendes Auto in Sicherheit bringen will, wird von einer Leuchtspurkugel am Bein getroffen. Von der Polizei ist erstmal überhaupt nichts zu sehen. Erst nach über einer halben Stunde ziehen etwa dreißig Beamte auf und halten erstmal die umstehenden NachbarInnen von der Straße fern. Auf die Frage, was passiere, wenn der Rechtsradikale scharf schießt, antworten die Beamten mit Schulterzucken.
Gegen 21.40 Uhr wird ein „Sicherheitsband“ über die Straße gespannt, erst zehn Minuten später kommt die einzige polizeiliche Äußerung: Vom Nachbarbalkon Fiebigs aus ruft ein uniformierter Beamter ein stolzes „Wir haben ihn“. Fiebig wird gemeinsam mit seinem Kumpan auf der Revierwache 23 vernommen und erkennungsdienstlich behandelt und schließlich wieder auf freien Fuß gesetzt. In der Wohnung finden die Kripobeamten umfangreiches Propagandamaterial, zwei Schußwaffen, Material zur Sprengsatzherstellung und mehrere fertige Brandsätze. Renee Becker
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