: Almosen für Ateliers
Auch die Senatsspritze von 2,5 Millionen Mark verhindert nicht das Ateliersterben / Fehlende Konzepte ■ Von Severin Weiland
Wenn der Berliner Atelierbeauftragte Bernhard Kotowski auf seine nunmehr über eineinhalbjährige Tätigkeit beim Kulturwerk des Berufsverbandes Bildender Künstler (BBK) zurückblickt, kann er sich über eines zumindest nicht beklagen: mangelnde Resonanz in den Medien und Verständnis bei den Vertretern aller Parteien im Abgeordnetenhaus. Nur auf politische Instrumentarien, die den Künstlern ihre Ateliers und Werkstätten erhalten, wartet er nach wie vor vergeblich. Mehr als 600 Ateliers sind, so hat das Büro des Atelierbeauftragten seit seiner Gründung im Oktober 1991 festgestellt, durch die steigenden Mietpreise und Kündigungen bereits vernichtet worden, mindestens 300 droht dasselbe Schicksal bis Ende dieses Jahres. Auch die 2,5 Millionen Mark, die ab 1. Juli aus dem Kulturhaushalt des Landes der „Gesellschaft für Stadtentwicklung“ zur Verfügung gestellt werden, um damit Ateliers anzumieten, wird daran wenig ändern. Das sei nur als „erste Hilfe, aber nicht als Therapie“ zu verstehen, glaubt Kotowski.
Daß die GSE erst jetzt mit ihrer Arbeit beginnen kann, obwohl das Geld bereits vor einem halben Jahr im Landeshaushalt festgeschrieben wurde, hing nicht zuletzt mit der Frage zusammen, ob auch Ateliers im unmittelbaren Landesbesitz finanziert werden sollten. Ende Februar entschied schließlich das Abgeordnetenhaus, die Mieten in landeseigenen Liegenschaften bis Ende 1993 festzuschreiben. Einen Beschluß, den der Atelierbeauftragte Kotowski „sehr gerne“ verlängert sehen würde.
Das Modell, mit dem die GSE arbeiten wird, ist denkbar einfach: Zum einen sollen neue Ateliers angemietet, zum anderen bedrohte Werkstätten erhalten werden und dann gegen eine möglichst geringe Miete an die Betroffenen vermietet werden. Die Auswahl der dafür in Frage kommenden Künstler trifft die GSE zusammen mit dem Büro des Atelierbeauftragten und einem aus Künstlern zusammengesetzten Beirat. Vorrangig wird die GSE mit den städtischen Wohnungsbaugesellschaften verhandeln, von denen der Atelierbeauftragte Bernhard Kotowski erwartet, daß „ihre Mieten sich im vernünftigen Rahmen bewegen werden“. Immerhin seien rund 500 Ateliers bei den Städtischen Wohnungsbaugesellschaften untergebracht, rund 200 könnten mit der nun veranschlagten Summe kurzfristig gesichert werden. Skeptisch äußert er sich zu Vereinbarungen der GSE mit privaten Vermietern: „Hier muß zuallererst darauf geachtet werden, daß die Privaten keine Spekulationsmieten erheben.“ Es dürfe auf keinen Fall dazu kommen, daß mit GSE-Geldern das Mietniveau in der Stadt „mit Steuergeldern künstlich in die Höhe getrieben wird“. Wie sehr Berliner Künstler auf preisgünstige Mieten angewiesen sind, macht BBK-Vorsitzender Herbert Mondry an einem Rechenbeispiel deutlich: Viele der 3.500 bis 4.000 Künstler verfügten über Monatseinkommen „zwischen 1.200 und 1.400 Mark“. Angesichts solch geringer Einkünfte liege bei den Raummieten der „Schlüssel“ für Steuerinstrumente. In diesem Zusammenhang nennt Kotowski vier Schwerpunkte: Schaffung von Arbeitsstätten in Sanierungsgebieten und von Atelierwohnungen durch Modernisierungs- und Instandsetzungsprogramme sowie ein Atelierneubau im Sozialen Wohnungsbau, des weiteren die systematische Nutzung landeseigener Grundstücke und Gebäude, ein Kredit-, Zuschuß- und Bürgschaftsprogramm für Künstler und nicht zuletzt fünf Millionen Mark im Kulturhaushalt, die für Arbeitsstätten verwendet werden.
Obwohl SPD und CDU sich einige der Forderungen des Atelierbeauftragten zu eigen machten – eine Umsetzung läßt bislang auf sich warten. Während Bündnis 90/ Grüne immerhin seit längerem ein Papier zur Abstimmung vorlegen können, kamen die sozial- und christdemokratischen Koalitionäre über einen Entwurf zu ihrem Antrag nicht hinaus.
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