piwik no script img

Hellgelbe Karte für Goehler

■ Disziplinarverfahren endet mit Abmahnung / Schwarze-Kasse-Vorwurf nicht bestätigt, dafür anderes Sonderkonto entdeckt    Von Kaija Kutter

Wer sucht, der findet immer was. Wissenschaftssenator Leonard Hajen stellte gestern der sehr interessierten Öffentlichkeit den Abschlußbericht des Disziplinarverfahrens vor, das die Kunsthochschulpräsidentin Adrienne Goehler vor rund einem Jahr gegen sich selbst beantragt hatte. Fazit: Sieben von insgesamt fünfzehn Vorwürfen sahen die Juristen in der ein oder anderen Form als zutreffend an. Frau Goehler bekommt eine Abmahnung, die, so Hajen, als förmliche Rüge zu verstehen sei. Überraschend kündigte Hajen an, daß nun gegen die Autoren der 80seitigen Dokumentation disziplinarrechtlich ermittelt wird. Da sich viele Behauptungen als falsch erwiesen, sei zu prüfen, inwieweit ihre Urheber Rufschädigung betrieben haben.

Bei näherer Betrachtung bestätigt sich die Vermutung, daß die nun offiziell angemahnten „Pflichtverletzungen“ der Hfbk-Präsidentin harmlos sind. Da wurden Sitzungsprotokolle verspätet geliefert, ein Jahresbericht nicht rechtzeitig vorgelegt. Hajen dazu: „Ihr Amtsvorgänger Vogel hat gesagt, wenn man ihn besonders ärgern wollte, hat man einen Jahresbericht verlangt.“ Auch daß ein pensionierter Professor in der Aula Silberhochzeit feiern durfte, war nicht korrekt. Ebensowenig die „beleidigende Behauptung“ gegenüber Professor Hiltmann, er habe sich mit Präsident Vogel „geprügelt“. Die Auseinandersetzung wurde bereits höchstrichterlich als „Rangelei“ umbewertet.

Und sogar an dem „schwerwiegensten Vorwurf“, Goehler habe eine schwarze Kasse geführt, ist etwas „dran“. Zwar gibt es nicht die schwarze Kasse, von der ihre Kritiker stets reden (die 13000 Mark, die HfbK-Prof Rögner für den Druck einer Broschüre bekommen hat, wurden korrekt abgebucht). Doch die BWF-Juristen haben die Bücher Kunsthochschule gründlich durchgesehen. Und siehe da: 1990 wurden 3945 Mark Teilnehmergebühren für ein Symposium auf ein Privatkonto gezahlt. Da aus dieser „schwarzen Kasse“ ausschließlich die Tagung finanziert wurde, liege hier keine „persönliche Bereicherung“ vor. Trotzdem, so Hajen, sei es eine „Pflichtverletzung“, diesen Titel nicht offiziell anzugeben. „Ich dachte damals, so ein Sonderkonto wäre ok“, erklärte Adrienne Goehler gestern auf der anschließenden Pressekonferrenz. Nach dem „Crash-Kurs in Verwaltungrecht“, den sie wegen des Disziplinarverfahrens gemacht habe, komme so etwas bei ihr nicht wieder vor.

Adrienne Goehler hatte bewußt zu den Vorwürfen geschwiegen, nahm gestern erstmals detailliert Stellung. So bestand beispielsweise die vielgerügte „Einmischung in eine Aufnahmeprüfung“ darin, daß sie sich sexistische Äußerungen einiger Professoren über das Aussehen junger Studentinnen verbat. Trotzdem akzeptiere sie die Abmahnung als „hellgelbe Karte“, die sie dazu auffordert, bestimmte Dinge künftig anders zu machen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen