■ Islamische Schulen interessieren Nicht-Muslime: Voneinander lernen
Skra ist ein arabisches Wort. Für Muslime hat es eine tiefe Bedeutung. Es heißt soviel wie: „Du sollst lernen“. Auch ein Kapitel des Koran beginnt mit diesem Wort. Jeder Muslim wird darin aufgefordert, von seiner Geburt bis zum Tod zu lernen.
In der Diskussion, ob unsere Gesellschaft zum Lernen eigene islamische Schulen braucht, fragt man sich schnell, ob dies wirklich notwendig ist, angesichts der schon bestehenden Vielfalt von Bildungsformen in unserem kleinen „Kleckerland“ Niederlande. Doch auch oder gerade in diesem Land ist die Gesellschaft ständig in Bewegung. Die Niederlande sind in den vergangenen Jahrzehnten ein multiethnischer Staat geworden. Das Zusammenleben verändert nicht nur die „Ausländer“, sondern auch die „Inländer“. Diese Tatsache muß zu der Entwicklung einer gemeinschaftlichen Basis führen. Eine Grundlage, auf der man nicht nur lebt, sondern – das ist viel bedeutender – zusammenlebt. Deswegen darf auch dem Streben nach interkultureller Bildung auf keinen Fall ein Ende gesetzt werden. Bildung ist schon lange nicht mehr nur eine Institution, innerhalb derer man miteinander lernt. Vielmehr geht es heute darum, voneinander zu lernen. Islamische Schulen sind gute Beispiele dafür, daß Wissen und Lernen nicht nur damit zu tun haben, daß einzelne Individuen Wissen absorbieren. Islamische Schulen in einer nichtislamischen Gesellschaft bieten auf der einen Seite für Muslime einen Hort der Wahrung der eigenen Identität in einer fremden Umgebung. Auf der anderen Seite fördert die Existenz dieser Schulen mit ihrer eigenen Kultur und Religion bei den Nichtmuslimen – wenn auch bisher mit Vorsicht – eine gewisse Neugierde und ein Interesse an dem für viele immer noch „Unbekannten“, das mittlerweile seit etwa 50 Jahren in den Niederlanden anwesend ist: der Islam und die Muslime.
Religiöse Unterweisung kann sich nicht nur auf Kirchen, Synagogen und Moscheen beschränken. Sie ist ein wesentliches Mittel der Integration innerhalb unseres Bildungssystems. Wenn die Möglichkeit religiöser Unterweisung nicht auch für Minderheiten angeboten wird, ist unser Land eben nicht in jeder Hinsicht multiethnisch, sondern nur in bestimmten, selbstgewählten Aspekten. Das aber kann zur Willkür führen: Im Nachbarland Deutschland haben wir unlängst deutlich gesehen, wohin das führen kann. Lani Ohorella
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen