Ein Sonnen-Rad

■ Findige Studentenkonstruktion

Kempten (taz) – „Es sieht aus wie früher von unserem Bäcker das Radl, mit dem er die Brezen ausgefahren hat“, meint die alte Frau, die nicht schlecht staunt, als sie den jungen Mann auf dem ungewöhnlichen Fahrrad sieht. Er fährt, ohne zu treten. Es ist freilich kein Bäcker, sondern ein Student, der da so geräuschlos seine Kurven dreht. Rudi Langer hat zusammen mit drei Kommilitonen das erste deutsche Solar-Lastenfahrrad entwickelt und gebaut.

Die vier jungen Männer sind stolz auf ihr Projekt „altra“, das nicht nur bei ihren Professoren auf großes Interesse stößt. Wenn alles klappt, wird das ungewöhnliche Gefährt leicht abgeändert bald in Serie gefertigt, zum Stückpreis von rund 5.000 Mark. Über ein Jahr lang haben die Studenten der Fachhochschule Kempten gerackert, um ihr Lasten-Radl zu bauen. Die Idee entstand in der Umweltgruppe der Fachhochschule.

Das Solar-Lasten-Radl wird entweder durch Muskelkraft angetrieben, was im Allgäu nicht immer ganz leicht ist. Oder durch Solarstrom, der durch die Solarmodule, die als Abdeckung des Lastenbehälters dienen, erzeugt wird. Sind die Akkus geladen, kommt man mit dem „altra“ ohne Muskelkraft bei einer Geschwindigkeit von rund 20 km/h mindestens 35 Kilometer weit. Tritt man auf geraden Strecken gelegentlicht in die Pedale, läßt sich die Reichweite beliebig erhöhen.

„Es ist als Verkehrsmittel zum Transport von sperrigen und schweren Gütern im Stadtverkehr gut geeignet, es ist aber auch ein guter Werbeträger für Firmen, die auf ihr Öko-Image Wert legen“, sagt Mitkonstrukteur Michael Stamm.

Das Fahrgefühl ist zunächst etwas Ungewohntes, doch nach wenigen Metern hat man sich an das 2,50 Meter lange Gefährt gewöhnt, das nur ein Vierzigstel der Energie eines Kleinwagens braucht, die zudem noch völlig umweltfreundlich erzeugt wird. Die vier Studenten tüfteln derweil schon wieder an einer Weiterentwicklung. Sie möchten gerne die beim Bremsen entstehende Energie in die Akkus leiten, um somit die Reichweite zu erhöhen. Den kleinen Elektromotor hat einer von ihnen im Rahmen einer Diplomarbeit selbst entwickelt. Klaus Wittmann