: Serbokroaten wollen Bosnien gar nicht zweiteilen!
■ Präsidenten Milošević und Tudjman betonen Verhandlungsbereitschaft in Bosnien / In Kroatien nicht: Eröffnung der Brücke von Maslenica erneut verhindert
Berlin (AFP/dpa/taz) – Offenbar ist der bosnische Präsident Alija Izetbegović bereit, die serbisch-kroatischen Vorschläge zur Dreiteilung seines Landes nun doch zu akzeptieren. Im bosnischen Rundfunk sagte das frei gewählte Oberhaupt der ex-jugoslawischen Republik am Samstag, der von seiner Regierung angestrebte nichtethnische Bundesstaat mit starker Zentralgewalt sei „im Augenblick“ nicht realisierbar. Izetbegović reagierte damit auf erneute Vorschläge der Präsidenten Serbiens und Kroatiens, Slobodan Miloěvić und Franjo Tudjman.
Die Präsidenten der beiden größten ex-jugoslawischen Republiken hatten am Samstag auf einem von EG-Vermittler Lord David Owen arrangierten Treffen in Genf eine bosnische Konföderation aus drei unabhängigen Republiken vorgeschlagen. Immerhin wiesen sie Spekulationen zurück, wonach Serbien und Kroatien de facto eine Zweiteilung Bosniens anstrebten. Dem bosnischen Staatsoberhaupt blieb derweil nicht viel anderes übrig, als auf den serbo-kroatischen Teilungsplan einzugehen: Kurz nachdem Milošević und Tudjman ihre Gespräche über das Schicksal Bosniens beendet hatten, durchbrachen Truppen der selbsternannten „Serbischen Republik Bosnien-Herzegowina“ die bosnischen Verteidigungslinien bei Sarajevo.
Serbische Milizen besetzten dabei die stategisch wichtigen Iman- Berge oberhalb des Flughafens der bosnischen Hauptstadt. In Zentralbosnien griffen zu gleichen Zeit Einheiten des „Kroatischen Verteidigungsrates“ (HVO) rings um die Städte Novi Travnik, Fojnica, Zepće, Maglaj und Zavidovici an. Zum Teil wurden sie dabei von serbischen Truppen unterstützt. Und während UN-MitarbeiterInnen gegen die kroatische Blockade mehrerer Hilfskonvois für Zentralbosnien protestierten, verhinderten serbische Soldaten erneut die Versorgung der im Osten gelegenen UN-Schutzzone Goražde.
Nach wie vor hören die serbo- kroatischen Gemeinsamkeiten an der bosnischen Grenze auf. Trotz eines am späten Freitag unterzeichneten Abkommens feuerte Artillerie der international nicht anerkannten „Serbischen Republik Krajina“ auch am Samstag aus ihren nur fünf Kilometer entfernten Stellungen auf die Brücke von Maslenica und den Flughafen der kroatischen Küstenstadt Zadar. Die feierliche Einweihung der beiden Verkehrsobjekte durch Kroatiens Präsidenten Franjo Tudjman mußte von Stunde zu Stunde verschoben werden, während sich die „Kroatische Armee“ (HV) bemühte, Sicherheitsgarantien der Krajiner SerbInnen für die Feier zu erhalten.
Kroatien und die serbische Minderheit hatten unter internationaler Vermittlung ein Abkommen geschlossen, das die Einweihung von Brücke und Flughafen zuläßt. Voraussetzung ist, daß sich die kroatische Armee bis zum Monatsende aus dieser Region zurückzieht. Die SerbInnen feierten das Abkommen, das auf kroatischer Seite von Verkehrsminister Ivica Mudrinić unterschrieben worden war, als „faktische“ Anerkennung ihrer Unabhängigkeit durch Zagreb. Die in Split erscheinende vor kurzem gleichgeschaltete Zeitung Slobodna Dalmacija kritisierte dagegen am Sonntag, daß „den Serben die Bedeutung gegeben wurde, die sie so beharrlich verlangt haben“. rr
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