"'s ist halt Krieg"

■ betr.: "Kroatien fühlt sich von der Welt verlassen", taz vom 27.7.93

betr.: „Kroatien fühlt sich von der Welt verlassen“,

taz vom 27.7.93

Für Erich Rathfelder entschuldigt die Kriegssituation anscheinend alles, nationalistische und faschistoide Parolen und eine autoritäre Politik in Kroatien. Solche Tendenzen gab es aber in- und außerhalb Kroatiens bereits vor der Eskalation des Konfliktes. So verteilten Exil-Kroaten am Brandenburger Tor Landkarten in den Grenzen des ehemaligen Ustascha-Staates, und in Hamburg geschah es nicht nur einmal, daß Ustascha-Lieder singende Demonstranten sich als Menschenrechtsschützer aufspielten.

Journalisten wie Erich Rathfelder müssen sich die Frage gefallen lassen, ob ihre oft unkritische Berichterstattung jetzt eine differenzierte Beurteilung der Lage erschwert haben. Ich kann mich auch noch gut an den taz-Kommentar von Dunja Melćić erinnern, die die Regierung Tudjman zu schlapp fand – in Bosnien-Herzegowina zeigen ihre Statthalter es ja jetzt den Muslimen, zusammen mit ihren neuen serbischen Verbündeten. [...]

Mit seinem Artikel will Rathfelder davor warnen, die Politik Kroatiens mit Serbien gleichzusetzen, seine unkritische Berichterstattung hat aber genau dies befördert. Jetzt versucht er die Regierungspolitik der kroatischen Nomenklatur im Inneren und die Annexionsgelüste gegen Bosnien- Herzegowina mit der Erklärung: „'s ist halt Krieg“, herunterzuspielen – so wird man zwangsläufig vom unkritischen Journalisten zum Propagandisten realkroatischer Politik, und Serbiens Milošević wie Arkans Banden lachen sich ins Fäustchen. Philippe Ressing, Hamburg