piwik no script img

■ StandbildDie da, die da, die da...

„Straßenflirt“, Dienstag,

19 Uhr, Pro 7

Erst mußten die Vinylscheiben dran glauben, nun sind die Menschen ohne Lebensabschnittsbegleiter dran. Bei der Ausrottung der Singles kennen die Medien kein Tabu mehr. Was waren das für schöne Zeiten, als die niederländische Silberlocke ihre Kuppelspielchen im verriegelten Studio betrieb, sich die Sonnyboys der Gameshows nur mit versteckter Kamera unters Volk wagten?! Nun ist man selbst beim Gang zu Edeka nicht mehr sicher: Pro 7 bläst zum „Straßenflirt“.

Alldienstäglich reiht sich ein treudoof blickender Georg Holzach in die Reihe der „Haste ma 'ne Mark“-Schnorrer ein, um vor allem Blondinen zu fragen: „Hast du einen Freund?“ „Nein, ich bin lesbisch“, hat bei der Auftaktsendung leider keine geantwortet, aber die Drehs waren ja auch in München. Und doch mußte Holzach fast den Straftatbestand der Nötigung erfüllen, bis endlich eine Antonia mitspielte. Sie suchte sich den coolen Guido aus, sie soffen und schlemmten auf Pro 7-Kosten –, aber es wollte und wollte nicht funken. Was freilich nach der Sternzeichen-Einblendung abzusehen war: Antonia ist Zwilling und Guido Fisch.

So mußte natürlich der zweite „Straßenflirt“ klappen, allein der Dramaturgie der Sendung wegen. Jetzt quatschte Holzach für den Studenten Jens die Bar-Lady Berrit an und verfrachtete beide ganz romantisch in ein Tretboot. Als es dann spannend wurde, mußte das Pro 7-Team leider verschwinden, aber auf der Mattscheibe erschien ein rotes Herz – happy end.

Dank Pro 7 geht es also doch voran in deutschen Landen. Früher bestimmte der Vater die Braut für seinen Sohn, heute übernimmt diese Aufgabe das Fernsehen. Oder steckt hinter dem Anti-Single-Programm des Kommerzsenders knallharte Kalkulation? Alleinstehende hängen schließlich Abend für Abend in der Kneipe herum, während Pärchen ihre Freizeit gewöhnlich vor der Glotze verbringen – und damit der Werbewirtschaft nicht durch die Lappen gehen.

Für die eigene Anmache gab uns die Sendung immerhin zwei todsichere Flirtmöglichkeiten auf den Weg: Entweder stolzieren wir solange über den Münchner Stachus, bis wir von Holzachs Kamerateam entdeckt werden; oder wir rennen mit 'nem Kumpel zum Offenen Kanal und leihen uns selbst 'ne Kamera aus. Micha Schulze

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen