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Entschlossen auf den Frieden warten

■ Die Nato berät heute in Brüssel erneut über Luftangriffe auf serbische Stellungen bei Sarajevo

Genf/Berlin (taz) – US-Außenminister Warren Christopher versuchte es mit verbalen Drohungen. Zwei Tage bevor der Nato-Rat in Brüssel erneut zu Beratungen über Luftangriffe auf serbische Stellungen um Sarajevo zusammentreten sollte, wollte er in Briefen und Telefonaten seine 15 Amtskollegen auf die Position der USA einschwören. Bei der Frage der Luftangriffe, so Christopher, stehe die zukünftige Rolle des Bündnisses auf dem Spiel. Doch obwohl der Außenminister auch bei einem Besuch des norditalienischen Nato-Stützpunktes die „entschlossene Absicht“ der Clinton-Regierung zu Luftangriffen betonte, wird ein Konsens der 16 Nato-Mitgliedsstaaten am heutigen Monatg für alles andere als wahrscheinlich gehalten. Erwartet wird, daß zumindest Kanada, Großbritannien und Frankreich gegen Luftangriffe stimmen werden. Zudem liegt dem Nato-Rat ebenso wie dem UNO- Sicherheitsrat ein Bericht der beiden Vermittler Owen und Stoltenberg vor, in dem von „substantiellen Fortschritten“ bei den Genfer Verhandlungen gesprochen und daher vor militärischen Maßnahmen gewarnt wird.

Und während noch vor einer Woche die US-Regierung mit einem „Alleingang“ nach Sarajevo gedroht hatte, erklärte sie sich nun bereit, vor Angriffen das Einverständnis der UNO einzuholen. Unklarheit herrscht aber auch über die Form des Einsatzes selbst. Nach sechsstündigen Beratungen hatten hochrangige Nato-Offiziere am Samstag zwar „Fortschritte in der Einsatzplanung erzielt“, viele Fragen blieben jedoch weiterhin ungeklärt.

Beeinflußt werden dürfte der Beschluß des Nato-Rates auch davon, ob die serbischen Truppen tatsächlich bereit sind, ihren Belagerungsring um Sarajevo zu lokkern. Zwar hatte der Oberbefehlshaber der bosnischen Serben am Sonntag mitgeteilt, daß seine Soldaten mit dem Rückzug von den strategisch wichtigen Bergen Igman und Bjelasnica begonnen hätten, ein Sprecher der UNO in Sarajevo konnte diesen Abzug jedoch nicht bestätigen.

In Genf bemüht sich die Delegation des bosnischen Präsidenten Izetbegović weiter um die Wiederherstellung der Allianz mit den Kroaten. Beide Seiten sollten umgehend alle Kampfhandlungen einstellen und sich dann den von ihren Truppen derzeit kontrollierten Gebieten auf gemeinsame lokale und regionale Verwaltungen einigen. Später könne dieses Modell auch auf solche Gebiete ausgedehnt werden, die Serbenführer Karadžić unter einem Genfer Abkommen noch abgeben müsse.

Während Kämpfe in Zentralbosnien den Friedensmarsch „Mir sada – Frieden jetzt“ nach Sarajevo stoppten, verschärft sich die Situation im serbisch kontrollierten Kosovo weiter. So erschossen jugoslawische Grenzschützer mindestens einen Soldaten der albanischen Armee, der auf serbisches Territorium vorgedrungen sei. Das Außenministerium in Tirana erklärte dagegen, der Zwischenfall habe sich auf albanischem Gebiet ereignet. Zur Verurteilung der „gefährlichen militärischen Provokationen“ sollen eine Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrates einberufen und UN-Beobachter an die jugoslawisch- albanische Grenze sowie in den Kosovo entsandt werden. azu/her

Tagesthema Seite 3

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