: US-Abzug aus Somalia?
■ Regierung läßt Truppenrückzug prüfen / „Hungerproblem gelöst“
Washington (wps) – Die US- Regierung arbeitet mit neuem Elan an Plänen für den baldigen Abzug der verbleibenden amerikanischen Truppen in Somalia, seitdem am Sonntag vier US-Soldaten bei einem Anschlag in der somalischen Hauptstadt Mogadischu getötet wurden. Dies bestätigte am Montag ein hochrangiger Regierungsbeamter, der nicht genannt werden wollte. Er sagte, eine wichtige Bedingung für einen Totalrückzug der USA – die Sicherung humanitärer Hilfstransporte – sei bereits erfüllt: „Das ursprüngliche Ziel hatte mit Hunger zu tun, und dieses Problem ist jetzt gelöst.“ Er verwies auf die Wiederaufnahme der Agrarproduktion in weiten Teilen Somalias. „Die Frage ist: Haben wir das Problem in einer Weise gelöst, die verhindert, daß es wieder auftaucht, wenn wir gehen?“
Der Beamte sagte, im US-Verteidigungsministerium würden derzeit Strategiepapiere erarbeitet, die Zeitpunkt und Bedingungen eines beschleunigten Rückzugs festlegen sollten. In den Papieren ginge es um zwei Fragen: Ob es Fortschritte im gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wiederaufbau Somalias gegeben habe, und wieviel Arbeit noch zu tun sei. „Wir gucken uns Fragen der Wirtschaft, der Sicherheit und der Politik an und fragen, wieviel Fortschritte wir jeweils gemacht haben und insbesondere, wieviel Geld die UNO brauchen wird, um diese Dinge weiterlaufen zu lassen.“ Er gestand ein, daß Somalia noch längst nicht stabilisiert worden ist, und daß US-Truppen noch Monate im Land bleiben müßten.
Die Position der US-Regierung dazu ist trotz der jüngsten Rückzugstöne weiterhin nicht klar. „Wir sind da mit einer klaren Vision von humanitärer Hilfe und nation- building hineingegangen“, sagte Dee Dee Myers, Sprecherin des Weißen Hauses, am Montag. „Dieser Prozeß geht weiter.“ Verteididungs- und Außenministerium sind aber bereits vom Weißen Haus gebeten worden, Studien über die Möglichkeiten eines Truppenrückzugs vorzulegen. Als Grundlage dafür sollen die Erkenntnisse einer US-Expertendelegation dienen, die Ende Juli Somalia bereiste, um die Lage vor Ort im Lichte der wachsenden Kritik an der UNO-Mission zu überprüfen. Letztlich geht es darum, wie die USA einen „würdevollen Abgang“ von der Somalia-Bühne bewerkstelligen können, ohne die UNO im Stich zu lassen.
Während im Verteidigungsministerium Ängste vor einem „somalischen Sumpf“ zu dominieren scheinen, ist das Außenministerium über solche Diskussionen nicht beglückt, da sie als Zeichen der Schwäche interpretiert werden könnten. „Niemand sollte der Operation ein Schlußdatum setzen“, meinte ein Außenministeriumsbeamter. „Solches Gerede sollte ausgesetzt werden.“ Ein anderer betonte, die US-Truppen seien „der Klebstoff, der die ganze Operation zusammenhält“. Mit anderen Worten: Wenn die USA gehen, fällt die gesamte Somalia- Mission der UNO auseinander.
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