: Ein Bock möchte zum Gärtner werden
■ Schalck-Advokat und März-Aufsichtsrat will in den Bundestag einziehen
Berlin/Bonn (taz) – Daß der bayerische Fressalienkonzern März AG seinen Sessel im Aufsichtsrat des Allgäuer Metzgergrossisten Moksel AG, an dem er 33 Prozent hält, seit einer Woche mit dem Berliner Anwalt Peter Danckert besetzt, ist den bayerischen Grünen sauer aufgestoßen.
Danckert, der Branchenkennern bislang nicht als Fleischhandelsexperte aufgefallen ist, fungiert nämlich als Rechtsbeistand des Ex-DDR-Devisenagenten Alexander Schalck-Golodkowski. Und just mit dessen Bereich „Kommerzielle Koordinierung“ wickelten die bayerischen Großmetzger mitunter höchst zwielichtige Deals ab.
Der Sprecher der weiß-blauen Landtags-Grünen, Dr. Manfred Fleischer, wittert hinter dem Doppelmandat System: Alles spreche dafür, daß der ehemalige Stasi- Oberst Schalck-Golodkowski seinen Einfluß auf die vormaligen DDR-Handelspartner März und Moksel geltend zu machen versuche.
Die Entsendung Danckerts in die Moksel-Führung dünkt dem grünen Parlamentarier, der auch im bayerischen Schalck-Untersuchungsausschuß sitzt, „als sei dort ein Strohmann als Sachwalter der Schalck-Interessen plaziert worden“. Fleischer erinnert in diesem Zusammenhang auch an den Blitzkredit über 600.000 Mark, mit dem die Firma März dem Ehepaar Schalck-Golodkowski nach dessen Übertritt in den Westen unter die Arme griff, sowie an die Übernahme der ehemaligen DDR-Außenhandelsbetriebe AHB-Nahrung und Zentralkommerz durch die Moksel AG.
„Es stinkt zum Himmel, was sich im Bereich der Fleischkonzerne März und Moksel, auch im Zusammenwirken mit der Treuhand, abspielt. Da sind die Interessen für jedermann greifbar, und die Pokergesichter in Politik und Wirtschaft tun so, als handle es sich um ganz normale Vorgänge.“
Ob Peter Danckerts neuem Job rümpfen auch die Hausjuristen des Bonner Bundestages die Nase, vor dessen Untersuchungsausschuß der Anwalt seinem Schützling Schalck-Golodkowski beisteht: Da Moksel und März dick mit Schalck-Golodkowskis KoKo im Geschäft waren, könnte Peter Danckerts Mandat bei Moksel, so geben die Bundesjuristen zu bedenken, unter bestimmten Umständen mit seiner „Tätigkeit als Zeugenbeistand für den Leiter des Bereichs KoKo in unzulässiger Weise kollidieren“.
Schon einmal hatte ein Aufsichtsratsmandat Danckerts im Bonner Ausschuß hörbares Murren ausgelöst: Von Oktober 1990 bis März 1991 saß er dem Aufsichtsrat des legendären Rostocker Hotels Neptun vor, dessen Direktor zu DDR-Zeiten als eine der schillerndsten Figuren im mafiotischen Schalck-Umfeld gilt. Im März 1991 wechselte die Treuhand das Gremium aus.
Der Mandate nicht genug, wird der Schalck-Advokat in Zirkeln der SPD Berlins und Brandenburgs derzeit als ein möglicher Kandidat für die nächsten Bundestagswahlen im kommenden Jahr gehandelt. Ihm werden enge Kontakte zum nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Johannes Rau nachgesagt.
Gerade Rau, wieder so ein Zufall, mahnte kürzlich den SPD-Obmann im Schalck-Ausschuß, Andreas von Bülow, die Aufklärer der Sozis mögen doch allmählich etwas kürzer treten. Thomas Scheuer
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