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Farbe und platte Reifen gegen Asylpolitik

■ Autonome Gruppen bekennen sich zu Anschlägen gegen Bundestagsabgeordnete

Auf acht Berliner Bundestagsabgeordnete, die der Asylrechtsänderung zustimmten oder für eine Verschärfung des Paragraph 218 eintreten, sind in der vergangenen Woche Anschläge verübt worden. An den Privatwohnungen oder den Wahlkreisbüros der Politiker wurden in der Nacht zum 19. August Plakate geklebt, Parolen gesprüht und Autos beschädigt. Zu den Taten bekennen sich nun „Gruppen aus dem antirassistischen, internationalistischen, feministischen und lesbischen Widerstand“. Ein Bekennerschreiben zeigt die Fotos von insgesamt zwanzig Berliner Bundestagsabgeordneten unter der Überschrift „Auch sie entscheiden über Leben und Tod“. Alle Politiker haben der Asylrechtsänderung zugestimmt oder seien „für ein Abtreibungsverbot“, heißt es. Acht der Politikerfotos sind mit einem stempelähnlichen Aufdruck gekennzeichnet.

Bestätigt wurde, daß am Privathaus des Vorsitzenden der Berliner CDU-Landesgruppe im Bundestag, Peter Kittelmann, Plakate geklebt wurden. Beim stellvertretenden SPD-Vorsitzenden Wolfgang Thierse wurde das Wahlkampfbüro mit Farbe besprüht. „Besucht“ wurden auch die Abgeordneten Dietrich Mahlo (CDU), Dankward Buwitt (CDU), Gero Pfennig (CDU) und Gabriele Wichatzek (CDU) und Klaus Röhl (FDP) sowie die Sozialdemokraten Angelika Barbe und Gerd Wartenberg. „Heuchler, Rassist und Frauenfeind: für Deportation von Menschen in Folter, Hunger, Krieg. Ist gegen Abtreibung und Selbstbestimmung von Frauen“, wurde an mehrere Wände derjenigen Abgeordneten gesprüht, die für eine Verschärfung des Asylrechts und des Paragraphen 218 eintraten. Das Haus der CDU-Abgeordneten Wichatzek wurde mit Farbbeuteln beworfen.

Ungeklärt ist, ob die Prügel für den stellvertretenden Bürgermeister des Stadtbezirks Prenzlauer Berg im Zusammenhang mit der Aktion stehen. Mehrere Männer waren in der vergangenen Woche auf den Bezirkspolitiker mit den Worten „da ist der Thierse“ zugestürzt und hatten auf ihn eingeschlagen.

„Wir wollen einen kleinen Beitrag leisten, einige der politisch Verantwortlichen in Berlin aus ihrer gemütlichen Anonymität zu holen“, heißt es in dem Bekennerschreiben. „Die über zwei Jahre geführte sogenannte ,Asyldebatte‘ mobilisierte alles, was es an reaktionärem Gedankengut in großen Teilen der deutschen Bevölkerung gibt. Diese ,Debatte‘ bereitete überhaupt erst den Boden für die fachistischen und rassistischen Angriffe auf Frauen und Männer aus anderen Ländern und/oder ,anderer‘ Hautfarbe“, wird in dem Bekennerschreiben weiter ausgeführt. Gerd Nowakowski

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