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Gott mag keine Albaner

■ Durch einen knappen Sieg in Albanien wahrte Dänemark seine WM-Chance / Schweiz und Frankreich fast durch, Schottland muß diesmal zu Hause bleiben

Kein Zweifel, die Zeiten haben sich geändert. Noch vor wenigen Jahren wäre eine derart unmarxistische Begründung, wie sie der albanische Trainer Bejkush Birce für die 0:1-Heimniederlage gegen Dänemark abgab, undenkbar gewesen. Kein Wort von einer unaufhaltsamen Zuspitzung der Krise des Weltkapitalismus just in der Gegend des albanischen Elfmeterpunktes, keine Rede von einer dialektisch-materialistischen Fehlanalyse der klassenfeindlichen Struktur des rechten Fußes von Frank Pingel oder wenigstens von einer mangelhaften historischen Beherzigung der Lehren des legendären 0:0 am 17. Dezember 1967 gegen die imperialistisch vor sich hinfaulenden BRD-Kicker. Nichts von alledem. „Es scheint, daß Gott beschlossen hat, daß wir dieses Spiel verlieren“, sagte Birce statt dessen. Ganz schön nachtragend, der himmlische Herr.

Beschlossen hatte Gott zuerst einmal, daß der Reisepaß von Freiburgs Torjäger Altin Rraklli abgelaufen war und er nicht nach Tirana reisen konnte. Aber auch ohne ihn schlugen sich die Albaner wacker und hatten Pech, daß sich Gott zwei Minuten vor Spielende in die Belange des dänischen Keepers Schmeichel einmischte und einen Kopfball von Rudi Vata an die Latte lenkte. Der magere Sieg, den Pingel in der 63. Minute nach einem Doppelpaß von Brian Laudrup/Gott sicherstellte, wahrt Dänemarks Chancen auf eine WM- Teilnahme. Die besten Aussichten in der Gruppe 3 hat jedoch logischerweise das katholische Irland, das in Dublin durch Tore von Aldridge und Kernaghan mit 2:0 gegen Litauen gewann.

Ansonsten wurde in den elf Begegnungen der europäischen Qualifikation kein weiteres Team ermittelt, das Titelverteidiger Deutschland und die bereits qualifizierten Mannschaften aus Rußland und Griechenland in die USA begleiten darf. Vor allem die Schweiz und Frankreich verbesserten ihre Chancen jedoch gewaltig, während Schweden in Bulgarien gerade noch einmal davonkam. In Sofia hatte Stoitschkow die Gastgeber in der 21. Minute in Führung gebracht, doch schon fünf Minuten später unterlief Iwanow ein peinlicher Fehlpaß in die Füße von Martin Dahlin, der ausgleichen konnte. Die Schweden liegen in der Gruppe 6 an zweiter Stelle hinter Frankreich, das durch Tore von Blanc und Papin die Finnen in Tampere mit 2:0 besiegte.

Weitergezittert wird in England. Mit dem schwergewichtigen Paul Gascoigne gelang den Briten zwar der bitter nötige 3:0-Sieg gegen Polen, aber die besseren Chancen haben weiterhin Norwegen und die Niederlande.

Gelohnt hat sich für die Schweiz die frühe Einberufung der Bundesliga-Akteure Chapuisat, Knup, Sutter und Sforza. Ein Tor von Bregy brachte in der 69. Minute das 1:1 gegen Schottland, zum Entsetzen der Zuschauer in Aberdeen, deren Mannschaft zum erstenmal seit 1970 nicht in der WM- Vorrunde ausscheiden darf, sondern bereits in der Qualifikation scheitert. Eitel Sonnenschein dagegen in der Schweiz. Ein Sieg gegen Estland sollte reichen, um zum erstenmal seit 28 Jahren wieder bei einem WM-Turnier dabeizusein. Matti

Gruppe 2: England - Polen 3:0; Tabelle: 1. Norwegen 20:3/12:2; 2. England 19:6/11:5; 4. Niederlande 17:8/9:5; 3. Polen 8:6/8:4; 5. Türkei 7:17/3:13; 6. San Marino 1:32/1:15

Gruppe 3: Irland - Litauen 2:0, Albanien - Dänemark 0:1, Nordirland - Lettland 2:0; Tabelle: 1. Irland 17:2/17:3; 2. Dänemark 14:1/16:4; 3. Spanien 18:2/13:5; 4. Nordirland 13:11/12:8; 5. Litauen 8:21/7:17; 6. Lettland 4:21/5:19; 7. Albanien 5:21/4:18

Gruppe 4: Faröer-Inseln - Rumänien 0:4, Wales - RCS 2:2; Tabelle: 1. Belgien 15:3/14:2; 2. Rumänien 25:10/11:5; 3. RCS 18:9/10:6; 4. Wales 16:10/10:6; 5. Zypern 8:13/5:11; 6. Färöer-Inseln 1:38/0:20

Gruppe 5: Ungarn - Rußland 1:3, Island - Luxemburg 1:0; Tabelle: 1. Rußland 15:3/12:2; 2. Griechenland 6:1/10:2; 3. Island 7:6/8:8; 4. Ungarn 5:11/3:11; 5. Luxemburg 1:13/1:11

Gruppe 6: Bulgarien - Schweden 1:1, Finnland - Frankreich 0:2; Tabelle: 1. Frankreich 14:5/13:3; 2. Schweden 15:5/12:4; 3. Bulgarien 13:8/10:6; 4. Österreich 12:10/6:8; 5. Finnland 4:14/3:13; 6. Israel 5:21/2:12

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