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Kroatien: Kein eigener Hafen für Bosnier

■ Vermittler: Keine Grundlage für neue Gespräche / Lenkungsausschuß kritisiert Teilungspläne / Tanjug meldet Abschuß kroatischer MiG / Kämpfe in Bosnien

Genf (taz) – Ohne Fortschritte in der umstrittenen Frage eines Adria-Zugangs für die geplante bosnisch-muslimische Teilrepublik verlief gestern in Genf eine als informell bezeichnete Begegnung zwischen den Präsidenten Bosnien-Herzegowinas und Kroatiens, Alija Izetbegović und Franjo Tudjman. Die beiden Vermittler von UNO und EG, Thorvald Stoltenberg und David Owen, die ebenfalls mit den beiden Präsidenten zusammentrafen, erklärten daraufhin, es gebe noch keine Grundlage für eine Wiederaufnahme der am 1. September abgebrochenen offiziellen Verhandlungen um ein Bosnien-Abkommen.

Bei dem mehrstündigen Treffen der beiden Präsidenten in einem Genfer Hotel wiederholte Izetbegović die Forderung, wonach der Adriaort Neum sowie ein mehrere Kilometer breiter Landkorridor von dort nach Sarajavo integraler Bestandteil und Hoheitsgebiet der künftigen bosnisch-muslimischen Teilrepublik sein müsse. In Neum wollen die Muslime einen Hafen bauen. Tudjman wiederholte gestern seinen Vorschlag, die Muslime sollten den existierenden Adriahafen Ploće mitbenutzen, zu dem sie über einen international überwachten Straßenkorridor durch die künftige kroatische Teilrepublik ausreichenden Zugang hätten.

Auf einer parallel stattfindenden Sitzung des politischen Lenkungsausschusses der Genfer Jugoslawien-Verhandlungen äußerten die Vertreter Österreichs und einiger anderer Staaten massive Kritik am Verlauf der Verhandlungen und an dem von Owen und Stoltenberg vorgelegten Dreiteilungsabkommen für Bosnien. „Gemessen an den Prinzipien der Londoner Konferenz“ vom August 1992, müsse dem Owen-Stoltenberg-Plan für die Dreiteilung Bosnien-Herzegowinas „mit allergrößter Skepsis begegnet“ werden, erklärte der Regierungsdirektor im österreichischen Außenministerium, Dr. Rohan. Die vorgesehene „Union“ dreier Teilrepubliken sei „nichts anderes als eine kurzlebige Lösung zur Wahrung des Gesichts“. Rohan betonte, niemand könne behaupten, daß „gewaltsame Gebietseroberungen durch diesen Plan nicht anerkannt“ würden. Auch könne „niemand argumentieren, die Ergebnisse der ethnischen Säuberungen würden nicht sanktioniert“. „Gebiete, in denen vor dem Krieg eine ethnische Gruppe die eindeutige Mehrheit hatte“, würden nach dem Owen-Stoltenberg-Plan künftig „zur Teilrepublik einer anderen ethnischen Gruppe gehören“. Der Österreicher widersprach der von Owen und Stoltenberg geschürten Erwartung, daß unter diesen Umständen „die Flüchtlinge und Vertriebenen zurückkehren werden“, und forderte eine „Verbesserung“ des Owen-Stoltenberg-Plans.

Die Diplomaten der Türkei und Saudi-Arabiens im Lenkungsausschuß äußerten sich ähnlich. Der Vertreter Belgiens, das derzeit die EG-Präsidentschaft innehat, signalisierte hingegen Unterstützung für den Plan der beiden Vermittler in seiner jetzigen Form. Die Vertreter Deutschlands äußerten sich auf der Sitzung überhaupt nicht. Noch vorletzte Woche hatte Bundesaußenminister Klaus Kinkel öffentlich „Verständnis für die Bedenken von Präsident Izetbegović gegen den Plan in seiner derzeitigen Form“ sowie für seine Verbesserungswünsche zugunsten der Muslime bekundet.

Bei den andauernden Gefechten zwischen Kroaten und Serben in der kroatischen Krajina haben die Serben gestern nach eigenen Angaben ein Militärflugzeug der „Kroatischen Armee“ (HV) abgeschossen. Nach Angaben der Belgrader Agentur Tanjug wurde die MiG-29 etwa 50 Kilometer südlich der Hauptstadt Zagreb getroffen. Zur Begründung hieß es, die MiG habe Bomben abgeworfen. Der Abschuß wurde zunächst weder von kroatischer Seite noch von den UN-Schutztruppen bestätigt. Bei Angriffen der Krajiner Serben gab es unter anderem einen Toten und fünf Verletzte, als im Zentrum der Hafenstadt Zadar mehrere Geschosse detonierten.

In Bosnien setzten Serben und Kroaten ihre Angriffe gegen Stellungen der Regierungstruppen sowie gegen muslimische Wohngebiete fort. Mindestens neun Tote unter der muslimischen Zivilbevölkerung forderte ein serbischer Artillerieangriff auf Maglaj nordwestlich von Sarajevo. Der fortdauernde Beschuß des „muslimischen Ghettos“ der herzegowinischen Hauptstadt Mostar durch Milizen der bosnischen Kroaten forderte bis gestern nachmittag vier Tote und mindestens 20 Verletzte. Andreas Zumach

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