: Reformiert sich der DGB zur Männergewerkschaft
■ DBG-Frauenkonferenz befürchtet Abschaffung der DGB-Frauenpolitik
Braunschweig (taz) – Vielleicht ist die 13. Bundesfrauenkonferenz des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) in Braunschweig die letzte ihrer Art gewesen. Die rund vierhundert DGB-Frauen mußten nicht nur bilanzieren, daß am 1. Mai 1993 ihr Motto „Frau geht vor“ gekippt wurde und daß die gleichnamige gesamte Kampagne mehr oder weniger gescheitert ist. Nun droht im Zuge der DGB-Reform auch noch die Abschaffung der bisherigen DGB-Frauenstrukturen, der Frauenausschüsse und -konferenzen auf Kreis-, Landes- und Bundesebene. Eine entsprechende Strukturkommission beim DGB-Bundesvorstand hatte Frauenarbeit nur noch auf Landes- und Bundesebene in unverbindlichen Formen und ohne Antragsrechte an DGB-Beschlußkonferenzen vorgesehen.
Provokativer hätte es für die Frauen kaum sein können, die den einzigen relevanten Zuwachs an Mitgliedern, Ideen und Aktivitäten für den DGB ausmachen. Ganz abgesehen davon, daß Frauenpolitik ein allgemeinpolitisches Querschnittsthema ist. Die Leiterin der Abteilung Frauen beim DGB-Bundesvorstand, Gabriele von Camen, hatte vor der Konferenz noch mehr statt weniger Autonomie gefordert.
Der DGB-Vorsitzende Heinz- Werner Meyer hielt am Freitag ein bemüht salbungsvolles Referat: „DGB-Reform heißt, die Emanzipationsbewegung der Frauen in der Gewerkschaftsbewegung zu verankern!“ Auch sprach er sich für eine eigene Frauenstruktur aus, ohne zu verraten, wie sie konkret aussehen soll. Nur, daß er gegen die Quotierung ist, wußte er. Meyer redete sich mit dem Hinweis auf die anderen Gewerkschaften heraus, die die DGB-Politik machten. Und schließlich käme es darauf an, daß die Frauen für die notwendigen Mehrheiten sorgten.
Die Frauen bliesen ihrem Vorgesetzten einen. Sie wehrten sich gegen den Mißbrauch der Vokabeln „Öffnung“ und „Dezentralisierung“ der Gewerkschaften, die Frauen längst praktizierten, und beharrten mit Nachdruck auf verbindlichen Strukturen und verbindliche Umsetzung von Politik, damit ihre Arbeit nicht „im Nichts“ ende. Daß ohne Einbeziehung der Frauen über neue Frauenstrukturen beraten und beschlossen werde, sei antidemokratisch.
Abgesehen von diesem historisch gesehen x-ten Versuch, Frauenpolitik kleinzukochen oder sich ihrer zu entledigen, blieb die Diskussion seltsam weltenthoben. Ursula Engelen-Kefer, stellvertretende DGB-Vorsitzende und für Frauenpolitik zuständig, kritisierte zwar die Frauenpolitik der Bundesregierung und all ihre Schande. Eine Delegierte erzürnte sich über die schwächliche DGB-Aktion „Gegenwehr“, eine andere beklagte, daß den Gewerkschaften neue Ideen nicht mehr zugetraut würden. Doch eine Analyse und Auseinandersetzung über die atemberaubenden Veränderungen in der Gesellschaft und die Perspektive von Gewerkschaften fand nicht statt. Meyer beschimpfte die Frauen abschließend ob ihrer Kritik geradezu. Die Mitglieder seien es, die die Aktionen organisieren müßten, und drohend mahnte er an, „wir brauchen vor allem andere Inalte“. Einen eigenen Beitrag dazu konnte er offenkundig nicht leisten. Mechtild Jansen
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