: Freilassung nur bei Gewaltverzicht
■ OLG Frankfurt: Gefangener Jansen soll abschwören
Berlin (taz) – Das Oberlandesgericht Frankfurt will die vorzeitige Haftentlassung des schwerkranken Gefangenen Ali Jansen von einer generellen Gewaltverzichtserklärung abhängig machen. Der Staatsschutzsenat unter Vorsitz von Richter Erich Schieferstein hat nach Angaben der Rechtsanwälte von Jansen zu erkennen gegeben, Voraussetzung für eine Entlassung sei die „Teilnahme an den hinlänglich bekannten Abschwörritualen“.
Ali Jansen befindet sich seit dem 1. 3. 1988 in Haft, Ende Juni 1989 wurde er wegen eines Brandanschlages auf eine Renault-Niederlassung im hessischen Rosbach zu einer sechsjährigen Freiheitsstrafe verurteilt. Jansen leidet seit Beginn seiner Haft an schweren asthmatischen Anfällen. In den letzten sechs Wochen hat sich der gesundheitliche Zustand des Häftlings nach den Angaben seiner Anwälte dramatisch verschlechtert. Am 4. Oktober sei Jansen nicht mehr fähig gewesen, sich ohne die Mithilfe von Mitgefangenen auf das Bett zu legen, seine rechte Körperhälfte sei gelähmt gewesen, er habe kaum noch atmen können. Am 5. Oktober wurde Jansen dann als Notfall in das Kreiskrankenhaus Schwalmstadt eingeliefert, sein Gesundheitszustand sei nach wie vor kritisch.
Ende September hatten die Anwälte für Ali Jansen erneut unter genauer Schilderung seines gesundheitlichen Zustandes beantragt, die Reststrafe von heute noch viereinhalb Monaten zur Bewährung auszusetzen und Jansen aus der Haft zu entlassen. Im Gegensatz zu früheren Stellungnahmen hatten im Rahmen des Entlassungsverfahrens sowohl die Anstaltsleitung der Haftanstalt Schwalmstadt als auch die Karlsruher Bundesanwaltschaft einer vorzeitigen Entlassung zugestimmt. Für ihren Mandanten hatten die Anwälte erklärt, Jansen werde sich im Fall seiner Freilassung auf unabsehbare Zeit darauf konzentrieren müssen, „seine Gesundheit, soweit überhaupt noch möglich, wiederherzustellen“. Jansen müsse sich über mehrere Monate einer stationären Behandlung in einer Fachklinik unterziehen.
Trotz der nur noch viereinhalbmonatigen Reststrafe besteht nach Aussagen der Rechtsanwälte der zuständige Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts auf einer persönlichen Gewaltverzichtserklärung des Schwererkrankten, anderenfalls sei eine „günstige Sozialprognose“ nicht möglich. Die Anwälte bezeichnen den Gesundheitszustand von Jansen als „nach wie vor sehr schlecht“. Sie haben vorsorglich auch einen Antrag auf Haftunterbrechung wegen Haftunfähigkeit gestellt. Dieser Antrag werde von der Bundesanwaltschaft zur Zeit geprüft. Wolfgang Gast
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