■ VW möchte Mitarbeitern Vier-Tage-Woche anbieten: Der Teufel im Detail
Im ersten Moment hört es sich gut an. Der Automobilhersteller VW in Wolfsburg erwägt, den Beschäftigten die Vier-Tage-Woche anzubieten. Damit solle ein weiterer starker Stellenabbau verhindert werden, so die Begründung. Der Vorschlag von Arbeitgeberseite macht sogleich Furore, denn die Gewerkschaft signalisiert ausnahmsweise Zustimmung. Schöne, neue Sozialpartnerschaft also angesichts der Beschäftigungskrise mit Absatzschwierigkeiten und Massenentlassungen? Der Teufel aber steckt im Detail. Bei genauerer Betrachtung nämlich treten die unterschiedlichen Interessen von Geschäftsleitung und Arbeitnehmern wieder deutlich hervor. Die Absicht der Unternehmensleitung ist klar: im internationalen Wettbewerb müsse VW in der Produktivität weitere Fortschritte machen, so heißt es. Dazu gehört auch die Dämpfung von Personalkosten angesichts der gesunkenen Auftragslage. Und da bietet es sich natürlich an, jene, die schon immer weniger arbeiten wollten, einfach für einen Tag in der Woche nach Hause zu schicken – bei entsprechend geringerem Lohn, wohlgemerkt.
Wer aber bestimmt, wie viele für wie lange solcherart mehr Freizeit und weniger Geld bekommen? Die Arbeitgeber mit Blick auf die Auftragslage oder die Beschäftigten wegen ihrer Familieninteressen oder ihrer Haushaltskasse? Genau das ist die Gretchenfrage. Eilig betonte die IG Metall denn auch, daß nur eine freiwillige Arbeitszeitverkürzung mit Rückkehroption für sie in Frage käme. Freiwillig, das heißt, nur ein Bruchteil der Beschäftigten würde solcherart die Arbeitszeit verkürzen. Betriebsumfragen zufolge würde wohl nur etwa ein Fünftel von dem Angebot einer Vier-Tage-Woche Gebrauch machen. Denn bei sinkendem Realeinkommen können sich viele nicht leisten, auf Lohn oder Gehalt zu verzichten. Wenn aber nur ein Fünftel der Beschäftigten auf etwa 20 Prozent des Gehalts verzichten würde, bedeutete das für die Unternehmen eine Personaleinsparung von 4 Prozent. Ein beschäftigungsfördernder Effekt also wäre somit kaum gegeben. Vielleicht aber würden durch die Kostensenkungen tatsächlich weitere Entlassungen vermieden.
Aus Unternehmersicht steht dem aber die geforderte Rückkehroption entgegen: Was, wenn plötzlich die Teilzeitbeschäftigten alle wieder auf ihre alten Vollzeit-Stellen zurückwollen und auf entsprechende Bestimmungen in der Betriebsvereinbarung pochen? Und das vielleicht noch in einer Zeit, in der sich die Auftragslage keineswegs gebessert hat? Der Betrieb müßte darauf dann doch wieder mit Personalabbau reagieren. Nichts wäre gewonnen.
Das Ansinnen der Vier-Tage-Woche klingt gut, bei näherem Hinsehen aber zeigen sich die Abgründe. Hier müssen beide Seiten noch eine starke Brücke bauen. Barbara Dribbusch
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