: Lehrer unter sich
■ Bürgerschaft überläßt die Schulreform den Lehrern in den eigenen Reihen
Die Bremer Schulreform ist seit gestern in denkbar schlechten Händen. In einer an Langeweile kaum noch zu überbietenden Debatte nahm sich die Bürgerschaft des Themas an und besetzte mit den Stimmen der Ampel-Koalition einen „nichtständigen Ausschuß“ zu diesem Thema mit lauter Lehrern, die es irgendwie ins Parlament verschlagen hat. Bis Mai nächsten Jahres soll der Ausschuß die Neufassung des Bremer Schul- und Schulverwaltungsgesetzes erarbeiten.
Auch die Debatte führten die Lehrer unter sich. „Wir sind für keine andere Schulstruktur“, eröffnete und beendete die Lehrerin Bringfriede Kahrs (SPD) auch gleich wieder die Diskussion. Das ganze solle allerdings ein „offener Prozeß sein“. Ein Ziel dieses Prozesses nannte der Lehrer Wolfram Sailer (Grüne): „Der Elternwille muß in der Schule und bei der Schulwahl stärker berücksichtigt werden.“ Und Studiendirektor a.D. Harald Neujahr (FDP): „Wir wollen nicht das ganze System zerschlagen, wir wollen einen organischen Wandel.“ Es ist nicht zu hoffen, daß dieses Diskussionsnieveau durch die Opposition verbessert wird. Stärkstes Argument des Lehrers a.D. Klaus Bürger (CDU): „Das starre Festhalten an der Integration muß in Bremen endlich aufhören.“
Zur Auffrischung eigener Erfahrungen will der LehrerAusschuß sich in den kommenden Wochen mit noch mehr Lehrern treffen. In verschiedenen Stadtteilen sollen „Workshops“ zu regionalen Problemen der Schulorganisation durchgeführt werden, Vertreter des Personalrats Schulen und der GEW sollen als ständige Gäste am Ausschuß beteiligt werden. Zu befürchten ist, daß auch die hinzuzuziehenden Elternvertreter in der Mehrheit Lehrer sind.
Völlig unverständlich blieb denn gestern auch die große Vision des einzigen Nicht-Lehrers in der Bremer Schuldebatte: „Ich wünsche mir, daß wir in Bremen einen gesellschaftlichen Konsens für die Schulreform zustande kriegen“, sagte der Jurist und Bildungssenator Henning Scherf (SPD). Mit dem Bericht der Expertenkommission läge dafür gutes, bundesweit beachtetes Material vor.
Die Bürgerschaftsdebatte allerdings wurde gestern noch nichtmal im eigenen Haus beachtet. Von 100 Abgeordneten waren ganze 45 im Saal und von denen hörten sowieso nur die Lehrer zu. Ase
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