: Irakische Demo in der Wüste Kuwaits
■ Protest vor Ort gegen Grenzverschiebung zu Gunsten des Emirats / Irak verlor Ölquellen und einen Teil seines Hafens
Kuwait/Berlin (AFP/AP/taz) – Eine Gruppe von über 350 Irakern hat am Dienstag vorübergehend ein Stück kuwaitisches Territorium besetzt und dort eine irakische Flagge gehißt. Das Gebiet unmittelbar hinter der irakisch-kuwaitischen Grenze hatte bis zum Krieg um Kuwait zum Irak gehört und war am 27. Mai dieses Jahres vom UN-Sicherheitsrat Kuwait zugeschlagen worden. Kuwaitische Arbeiter sind derzeit damit beschäftigt, die neue Grenze durch Gräben und Sandwälle abzusichern.
Die zivil gekleideten und mit Transparenten ausstaffierten Iraker überquerten die Grenze bei al- Haddama, 600 Kilometer südlich von Bagdad. Sie skandierten Parolen gegen die neue Grenzziehung und forderten die Bauarbeiter auf, ihre Arbeit einzustellen.
Der kuwaitische Innenminister Scheich Ahmad al-Humud as-Sabah bezeichnete den Vorfall als „unverschämten Akt der Agression“. Nach seinen Angaben waren einige Eindringlinge „leicht bewaffnet“. Die staatliche kuwaitische Nachrichtenagentur Kuna berichtete, an der Aktion seien auch irakische Soldaten beteiligt gewesen. Diese hätten auf einen kuwaitischen Grenzposten geschossen, aber niemanden verletzt. Der derzeitige Vorsitzende des UN-Sicherheitsrates, Jose Luis Jesus äußerte sich am Dienstag „beunruhigt“ über den Vorfall. Er kündigte an, den irakischen UN-Botschafter Nizar Hamdoun einzubestellen.
Die Grenze zwischen Irak und Kuwait war 1922 von dem britischen Hochkommissar Percey Cox willkürlich auf einer Karte gezogen worden. Nach dem zweiten Golfkrieg beauftragte die UNO im Frühjahr 1991 Kartographen mit der Überprüfung der realen Grenze. Diese kamen zu dem Ergebnis, die Kolonialherren hätten sich bei der Übertragung der Linie in den Wüstensand um einige hundert Meter zu Gunsten Iraks vertan.
Durch die Korrektur verliert der Irak elf Ölquellen, und einen Teil seines einzigen Seehafens Umm Qasr und etwas Ackerland. Die Grenze verläuft nun mitten durch einen landwirtschaftlichen Betrieb. Der irakischen Invasion Kuwaits am 2. August 1990 war ein jahrelanger Streit zwischen beiden Regierungen um im Grenzgebiet gelegene Ölquellen vorausgegangen. Desweiteren hatten die Iraker vergeblich versucht, von Kuwait die beiden Inseln Bubijan und Warba zu pachten. Da Umm Qasr nicht von Supertankern angelaufen werden kann, sollte dort ein irakischer Ölhafen errichtet werden. Durch die laut Beschluß des UN-Sicherheitsrates „unveränderliche“ Grenzkorrektur ist der Irak zur Verschiffung von Öl nun fast vollständig auf kuwaitische Häfen angewiesen. taud
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