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Eko-Stahl muß weiterbangen

■ Krisensitzung der europäischen Industrieminister in Brüssel

Brüssel (dpa) – Das Überleben der Eko Stahl AG war gestern nachmittag immer noch nicht gesichert: Die Industrieminister der Europäischen Union konnten sich in Brüssel nicht über das von der Kommission bereits gebilligte europäische Stahlkonzept einigen. Sie wollen sich „in den nächsten Tagen“, so der deutsche Wirtschaftsminister Rexrodt, wieder treffen. Vor allem die Regierungsvertreter aus Großbritannien, Dänemark, Frankreich und Luxemburg erhoben schwere Bedenken gegen das Eko-Privatisierungskonzept der Treuhandanstalt und warnten vor einer neuen „Subventionsrunde“ für die europäische Stahlindustrie.

Auf dem Spiel steht nicht nur das Vorzeigekombinat der ehemaligen DDR mit seinen heute noch 3.000 Arbeitsplätzen. Der geplante Abbau von insgesamt etwa 26 Millionen Tonnen Jahreskapazität Stahl droht zu scheitern. Das Eko- Konzept ist Teil eines umstrittenen Subventionspakets, das die Sanierung italienischer, spanischer und portugiesischer Staatsbetriebe einschließt.

In Wettbewerbsfragen müssen die Minister einstimmig ihre Entscheidungen treffen. Die belgische EU-Präsidentschaft und die Europäische Kommission bemühen sich, den Widerstand Italiens gegen Kapazitätskürzungen zu brechen. So lange hängt auch der Krisenplan zur Rettung der gesamten Branche weiter in der Luft.

Italiens Regierung empfindet die geforderten Stillegungen für seinen Konzern Ilva als Zumutung. Das Unternehmen stehe damit vor dem Ruin. Industrieminister Paolo Savona rang hinter verschlossenen Türen um eine Lösung.

Gestern schon hatte Ruprecht Vondran, der Chef der Westdeutschen Wirtschaftsvereinigung Stahl, harte Kritik an dem italienischen Konzept geübt. Sie leuchtet im Prinzip auch Rexrodt ein, der aber deswegen eine europäische Lösung nicht aufs Spiel setzen will: Dies könne ihm niemand abverlangen, die Bundesregierung sei schließlich „nicht für die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie verantwortlich“.

Im Falle der Eko-Werke wohl doch. Angeführt von Großbritannien trugen vor allem Dänemark, Luxemburg und Frankreich ihre Einwände gegen das von der Europäischen Kommission am Vortag angenommene Privatisierungskonzept für Eko-Stahl in Eisenhüttenstadt. Es dürften keine neuen Stahlkapazitäten mit öffentlichen Mitteln geschaffen werden, und wenn, müßten sie streng eingegrenzt werden. Rexrodt: „Die Gefechtslage ist schwieriger, als ich erwartet habe. Aber ich habe noch einige Karten im Ärmel.“

Die Kritik am Eko-Konzept konzentrierte sich darauf, daß in Eisenhüttenstadt mit den staatlichen Subventionen in Höhe von 813 Millionen Mark eine neue Warmwalzanlage mit einer Produktionskapazität von 900.000 Tonnen jährlich entstehen soll, obwohl in diesem Marktsegment erhebliche Überkapazitäten bestehen. Der britische Industrieminister Tom Sainsbury forderte: „Es darf keine staatliche Beihilfe für neue Kapazitäten geben.“ Dänemark fürchtet bei Eko-Stahl direkte Konkurrenz zu seinem einzigen Stahlwerk, einer Anlage ähnlicher Bauart.

Zweifel an der wirtschaftlichen Tragfähigkeit des Übernahmeangebots der italienischen Riva- Gruppe ließ gestern auch die Treuhandanstalt durchblicken. Der Investor müsse noch offene Fragen zur „Technologie der Warmwalzstufe“ und zur „wirtschaftlichen Nachhaltigkeit“ beantworten, heiß es gestern aus Berlin. Vorher könne der Vertrag mit Riva nicht unterzeichnet werden.

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