■ Soundcheck: Oui 3 / Holmes Brothers / Daryl Hall
Gehört: Oui 3. Die besten Ingredienzen von Pop und Rap schütten Oui 3 zusammen. Das straffe rhythmische Korsett, gestützt von genau getimten Raps von Trevor Miles, mischt sich mit üppigen Arrangements, Chören und Melodien. Heraus kommt ein süffiger Cocktail, Marke PM Dawn oder Stero MC's. Davon wollten am Sonntag in der Markthalle ganze 47 Trinker kosten. Rhythmisches Unterholz vom Band, Percussions, Schlagzeug und Bass wand sich von der Bühne, während Blair Blooth - ganz durchgeknallte Diva - zu albernem Ausdruckstanz den Chor einleitete, in den zwei dünne Frauenstimmchen einfielen. Zum Glück war da noch der kahle Rapper, der das Publikum sicher und gleich zwei Mal zum club-kompatiblen Buffallo Springfield-Cover „For What It's Worth“ führte. Eine Band, deren fahriges Auftreten ahnen ließ, warum das Hamburger Publikum bisher die Londoner Drinks verschmähten.
Volker Marquardt
Gehört: Holmes Brothers. Nachdem das Blues Package einen wirklich schweren Kartoffelgroove hingelegt und Dick Bird von B. Sharp am Tresen lange genug Hof gehalten hatte, trat die Rettung in der Fabrik in Gestalt der Holmes Brothers auf. Binnen Sekunden verdickte sich die Fan-Traube vor der Bühne. Frauen und Männer vergrößerten ihre Pupillen oder fuhren verwirrt mit den Händen durch die Haare ihrer Nachbarn. Die Veränderungen in Physiologie und Orientierung verstärkten die folgenden Einweihungserlebnisse: Zu dritt aufgeführte Harmonie- und Falsettgesänge in lässiger Perfektion, zärtlich und humorvoll abgeschmirgelte Slide-Gitarren und ein nervenreißend aufgekratzter Umgang mit Bass und Rhythmusgitarre durch Wendell und Sherman Holmes. Die Stücke der Holmes Brothers sind nicht „neu“, liegen aber auf der Hand. Sie erstaunten, ohne angestrengt Zünder für innovative Schübe in Resonanzlöcher zu montieren. Die Menschen, verdattert und kurz davor, mit dem Mischpult zu schmusen, verharrten noch lange nach dem letzten Ton.K. Schreuf
Heute abend: Daryl Hall. Viele hassen Daryl Hall für die Menschen, die ihn mögen. Für die Kreuzblöden, die Feinstrumpfdummen und die mit den offenen Cabriolets. All das ist verständlich und doch völlig falsch. Denn Daryl Hall, der gemeinsam mit John Oates eine Unzahl erfindungsreicher White-Soul-Alben eingespielt hat, deren Orginalität nur von jenen bestritten wird, die glauben, Soul sei per se eine Angelegenheit der schwarzen Hautfarbe, hat viel von dem vorweggenommen, was heute als Dancefloor hip ist. Daß Hall nach einigem Mainstream-Kitsch auf seinem neuen Album zu alten Tugenden zurückgefunden hat, läßt das Konzert heute abend zu einem Verbrüderungstreffen zwischen Veteranen und Neugierigen werden. nnnnnntlb
Große Freiheit, 21 Uhr
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen